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Robert Elsie

Texte und Dokumente zur albanischen Geschichte

   
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Seite der Handschrift [33v-33r].

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1689
Kosovo im Großen Türkenkrieg
von 1683-1699

Die Abhandlung „Annotationes und Reflexiones der gloriosen kayserlichen Waffen im Jahr 1689“ stammt aus einer anonymen Handschrift des Jahres 1689-1690, die im Kriegsarchiv in Wien aufbewahrt wird. Sie ist ihrerseits die Übersetzung eines längeren italienischen Werkes mit dem Titel „Origine della guerra fra l’Imperatore dei Christiani, e quello de Turchi l’anno 1682“. Es handelt sich unter anderem um die Schilderung von Kriegsereignissen in Kosovo, Makedonien und Nordalbanien während einer kaiserlich-österreichischen Offensive gegen das osmanische Heer im Grossen Türkenkrieg (1683-1699). Die Handschrift ist von besonderem albanologischem Interesse, da sie Zeugnis für eine deutliche Präsenz der Albaner samt ihrer Streitkräfte im Kosovo des 17. Jhs liefert. Auch von Interesse ist die Erwähnung – wenn auch nicht namentlich - des albanischen Erzbischofs Pjetër Bogdani, der während der Kriegsereignisse in Prizren starb. Die Albaner werden in dieser Handschrift Albanesen und Arnauten genannt, die erste Bezeichnung wohl eher für katholische, die letzte wohl für muslimische Albaner; die Serben kommen hier als Ratzen (aus Raška) vor. Die Seitenzahlen der Handschrift sowie die heutigen Ortsnamen, soweit ermittelt, wurden in eckigen Klammern hinzugefügt. Sonst wird der ursprünglich vornehmlich in Sütterlinschrift verfasste Text, der auch in Umschrift vom heutigen Leser etwas Mühe verlangen mag, ohne Sprachkorrekturen gelassen.

 

Annotationes und Reflexiones
der gloriosen kayserlichen Waffen,
im Jahr 1689

[...32r] Es düncket mich von ietzo zur Genuge von Siebenbürgen geschriben zu haben, zumahlen auch die Schuldigkeit erfordert zu zeigen, die Verrichtungen des Piccolomini (1) in denen Eroberungen von Nissa [Niš], seine schöne Dispositionen, und nachmahls nach seinem Todt die in selbigen Orthen gross erfolgte Unordnung, welche der Veterani (2) mit aller seiner Tugend und Muth mit harter Mühe remediren kunte. Diesem werde ich noch beyfügen, was vorbeygegangen ist zwischen denen Völckern des Corbelli und denenselbigen besagten Platzes.

Als Seine Durchlaucht Von Baaden (3) von Nissa abgereiset, bliebe dem Graffen Piccolomini das Commando von selbigen Orthen, welcher auf Procopia [Prokuplje] so eine zwar offene aber große Stadt, avancierte, und nahme er allda Mehl, Hafer und Fourage, legte er alldorten ein Magazin an, dieses aber zu versehern, liesse er auf der lincken Seiten die Stadt [33v] Leskovisza [Leskovac] ruiniren, und besetzte mit 200 Teutschen und 200 Ratzen [Serben] auf der rechten Seiten das Kastell von Costnitz. Als dieses alles zum Stand gebracht ware, verreiste derselbe den 14ten October gegen Scopia [Skopje], eine weitläufftige volckreiche, viele Kauffmannschaft treibende, aber fast offene Stadt. Auf den March erfuhre er einen Deserteur, da die Türcken Nissa wieder wegnehmen tentiren wolten, jedoch da der Piccolomini auf die Unmögligkeit reflectirte, verfolgte er seinen March, und den 12ten befand er sich zwischen ziemlich rauhen Gebürgen, allwo die Völcker von Clementa [Kelmendi] und Rosajaceva [Rožaje?] wohnen, welche mit vielen verschiedenen Flecken und Dörfern eine considerable Republique formieren, welcher die Porthen alle Jahr eine gewisse Summa Gelds contribuirte. Da aber Krieg ist, thut der türckische Kayser denenselben durch Bezahlung, verschiedene Trouppen unterhalten. Allda hielte der General einige Täg still, umb Ordre zu geben wegen deren Sachen selbiger Gegenden, so sich ihm freywillig unterworffen hatten. Die Reputation eines solchen Haupts wuchse je mehr und mehr wegen seiner guten Ordnung, also zwar, dass in Pristina [Prishtina] 5000 wider die Türcken aufgestandene Arnauten, und viele der vornehmsten herumbliegenden Orthern ihnen zu verstehen gaben, dass sie sich dem Gehorsamb des Kaysers unterwerffen wolten, dahero, als er in besagten Pristina angelangt, schwuren sie dem Kayser die Treue und im selbigen Instanti bliebe ein grosser Strich Landes unter dem Schatten der Lorber Seiner Kays[erlichen] Majestät.



Ludwig Wilhelm von Baden.

[33r] Von Pristina avancirte derselbe den 23ten auf Cazianeck [Kaçanik], eine Stadt über einen Pass mit einen Castell, welches mit guten Mauren und genug breiten Graben umbfangen ist. Als die türckische Besatzung in Cazianeck, so in 150 Mann bestunde, die Ankunft der Teutschen vernehmen, flohen sie die Nacht über die Donau, welche von einer Parthey von 200 Ungare und 40 deutschen Pferden umbsonst verfolget würden; allein da die Unsrigen ein Grosso der Barbarn antraffen, welche von Scopia kommen, Cazianeck zu verstärcken, nicht wissend, dass die Ihrige also leichtsinnig dasselbe verlassen hatten, fienge ein sehr harter Streit an, welcher mehr als eine Stund wehrete. Nachmahls aber, retirirten sich die Türcken mit verschiedenen Gefangenen, jedoch blieben denen Christen vier Fahnen, und das Feldt besät mit feindlichen Leichen und Verwundeten. Dieser Sieg kostete dem Kayser sechs Gefangene, vier Todt und zehen Verwundete, unter welch letzeren ein hungars Capitain sehr gefährlich ware.

Den 25ten Gott seyn Danck kommte der General aus dem Gebürg heraus, und komme in der Ebene zu campiren, anbey vernehmend, dass in Scopia zwey Meille Weegs von denen genug Ottomannen angekommen wären, solches sammt dem Volck bis auf den letzen Blutstropfen zu beschutzen. Dennoch wusste man durch verschiedene andere Zeitungen, dass die Einwohner der Stadt wegen Annäherung der Teutschen gantz erschrocken, sich zu der Flucht bereiteten, und zwar umb so viel mehr, aus Ursach der Pest, welche in selben grossen Platz von gewiss gravierte.

Unter so vielen und unterschiedlichen neuen Zeitungen [34v] hatte der Piccolomini diese, welche ihn versicherte, dass Mamut Bassa [Mahmut Pascha] sich aus Scopia gezogen habe, mit 8000 Persohnen, unter welchen bis 6000 Soldaten waren, meistentheils Ratzen und Albeneser, und dass er sich in einem Thal gesetzet hatte zur rechten der Stadt, zwey Stund von den Kays[erlichen]; und soweit von Scopia, so wohl sich dem Generalen zu wiedersetzen, als auch die Kranckheiten zu fliehen, welche an dem Platze regirten.

Nachdem nun der Feldmarchall-Lieutenant von der Wahrheit dessen persuadirt ware, bereitete er sich mit seiner gantzen Macht gegen den Bassa zu gehen. Dahero als er eine kleine Lust mit gewissen Stückschüssen vergesellschaffent, in dem Laager angestellet hatte, schickte er noch selbige Nacht 400 Dragoner und 200 Curassier gegen selbiger Seiten, sich selber aber auf den March begebend, den sechsten noch vor Aufgang der Morgenröthe, umb dem Heer seine Völcker zu unterstützen und in begebenden Falle die Türcken zu schlagen.

Als Mamuth Nachricht von Ankunfft der Kays[erlichen] bekomme, und sein forchtsames Volck die Schuss von deren [?] hörte, decampirten sie in gantzlicher Confusion also zwar als die Hungare und commandirte Teutschen darzu gekommen, machten sie in dem Nachzug den grössten Schaden und die Unordnung gienge also weit, dass alles Volck des Bassa denen überwindern alle ihre Bagagen mit etwelchen Fahnen und was sie sonst hatten, gantzlich zu ihrer Discretion überliessen.

Die Festung von Kaçanik (Foto: Franz Baron Nopcsa, 1903).



Die Festung von Kaçanik (Foto: Franz Baron Nopcsa, 1903).


Dieser Streich erlöste aus Sclaverey viele Familien der Christen, welche der barbarische Bassa Mamuth auf ihren eigenen Wägen mit sich führte, [34r] und über dieses noch zurück liesse mehr als Hundert Todte, auch an Gefangenen 100 Mahometanern und 100 Juden. Da nun indessen die Christen die Victori fortsetzeten, komme die Armée an und wolte der General da campiren, allwo der Bassa gestanden ware, welcher mit 200 seiner Getreuesten sich verstecktet und in einen Waldt geflohen ware, von wannen er hernach untere Schutz der Nacht seinen Weeg nacher Scopia genommen.

Den 22ten wolte der Piccolomini sich der Stadt Scopia näheren und befahle dem Graff Czáky, Obristen der Hussare, dass er voran gehen und Nachricht bringen solte, ob dieselbe wahrhaftig verlassen wäre. Dieser komme wiederumb bey den Generalen zurück, ihme erzahlend, dass sich nicht ein einziger Mensch in Scopia befande, wohl aber voll mit Lebensmittel, und viele Kauffmans Gewölber, welche alle offen und mit dem unteschiedl[ichen] raren Sachen gezieret waren. Auf solche Nachricht avancirte der Graff Piccolomini biss in die Vorstadt, allwo er unweit das Laager schlagen liesse. Nachdem aber, als curios den Platz selber in Augenschein zu nehmen, bezeugte er die Nachrichten zu verachten, welche vor gewiss gaben, dass die Stadt mit der Pest angestecket wäre; Nach diesem, da er sich nun hinein begeben, betrachtete er alles, und machte gute Vorschungen zur Unterhaltung seiner Trouppen.

Scopia ist ein weitläuffiger Flecken, nicht viel kleiner als Prag, oder vielleicht gar so gross. Ich sage ein Flecken, derweilen es keine Mauer noch Palancka um sich hat, aber wohl eine Schantz mit [35v] einen kleinen Graben, und in gewissen Orthen eine ordinari Erhöhung der Erden. Im übrigen waren allda viele prächtige Moscheen und weitschichtige Gebäu, jedoch auf orientalische Manier der Türcken, nahmlich alle von Holtz ausser dass die Fundamenta und biss an den ersten Stock von Ziegl und Stein waren. Weiter hinaus sahe man viele schöne Gärten und Fontanen, welche als in unterschiedene Theil von Scopia vertheilet, solche denen Ansehenden angenehm machten.

Ihre Situation ist dem Ansehen zur Vergnügung, zumahlen sie in einer weiten Ebene lieget, so in allem fruchtbahr und auch wohl gebauet ist. Es wohnten in Scopia bis 60.000 Persohnen, unter welchen 3.000 Juden waren. Dahero, als dieses Volck die Ankunfft der Kays[erlichen] vernahme, flohen sie den 25ten October davon.

Da der Piccolomini diesen weitläufftigen Orth betrachtete, beschloss er solchen zu verbrennen; anerwogen es unmöglich ware, ihn zu erhalten. Wessentwegen als aus denselben alle Substantz herausgenommen worden, übergab er solchen denen Flammen eben selbigen Tag, nahmlich den 27ten. Andere haben geschrieben den 26ten. Allein mir ist es bekandt, wie ich schriebe. Als solches von den Generalen verrichtet würde, kommen viele Richter der nahe gelegenen Flecken und Dörfer, Seiner Kays[erlichen] Majestät den Eydt der Treue abzulegen, welche weillen sie von dem Graffen mit aller Höfflichkeit empfangen würden, wiederumb höchst zufrieden in ihre Häuser kehreten.

[35r] Als nun indessen die Zeit allgemach herbey nahete, gedachte der Piccolomini sich wiederumb auf das Neue gegen Cazianez [Kaçanik] zurückzuziehen, allwo angelangt, und mit der Besatzung verstärcket, theilte er das Heer, und verordnete den Hertzog von Hollstein (4) den 1. November mit seinen eigenen und des Printzen August von Hannover Regiment gegen den Berg Hemas zu marchiren, umbbesagte Gegenden zu untersuchen und in Contribution zu nehmen. Er aber komme mit denen übrigen nacher Lipari [Lipjan], wohin eben auch viele Herren und Häupter des Volcks kommen, den General anzutreffen, bittend, er möchte ihnen gütigst bewilligen, dass sie des allerhöchsten Kaisers von Occident Vasallen und Unterthanen seyn dürfften.

Ich lasse eynige Bedencken, wie gross das Vergnügen des Piccolomini müsse gewesen seyn, als er die Siegpalmen fast in jedem Augenblick wachsen sahe, ohne den Degen aus der Scheide zu ziehen. So ist es, wenn ein Haupt der Armée nicht Grund hat, die Frommheit, die Milde, Haltung des Verstehens und die Gerechtigkeit, so wird solches niehmals können gross genennet werden. Zu schlagen ist es rechtschaffenen Soldaten, das Überwinden aber dependiret nicht von uns, jedoch liegt es insoweit von uns, dass nach Überwindung mit denen Waffen man mit der obigen Wahrheit überwinden und triumphiren könne.

Von Pristian [Prishtina] aus beorderte der General also gleich den Strasser, den March mit Fussvolck und b[ey]stehend Geschutz gegen den Schlössern von Panza und Revery [Zveçan?], von welchen sich das erste den 2ten November dem Obristlieut[enant] von Soyrum, H. Maussberg, dreissiger Orthen mit 300 Mann [36v] commandirten ergabe. Das Letzere aber müsste man mit Feuer zwingen. Nachdem der Strasser gegen Bosnien aufbrache, befand der Piccolomini vor gut den 3ten November mit seinem Regiment und dem von Soyrum wie auch mit etlichen Stucken Geschütz gegen Albanien zu marchiren, umb Kundtschafft zu haben, was sein Obristlieut. H. von Hossburg in Bosnien der Hauptstadt in Epiro [Epirus] verrichtet hatte.

Diese weitansehende und tapfere Dispositionen beneidete das Geschick, anerwogen durch die dem Grafen zugestossene Kranckheit, welchen viele mit der Pest behafftet glaubten. In währenden Wachstumb dem Kayser die Lorberzweige beschnitten wurden. Also unpässlicher komme er in Capuznitz und hielte sich allda einen Tag auf, den 5ten, aber langte er zu Pani an, allwo er vernahme, dass der Commendant von Pirot [Pirot] mit 600 Teutschen, sowohl Fussvolck als Pferden, und doppelter Zahl Ratzen, die Nahn [?] bey Dragoman über 3000 zu Fuss verschanzte Türcken geschlagen habe. Allein weillen er sich mit gar geringer Vorsichtigkeit weiter in das Landt begeben wolte, ware selber endlich, den 4ten, von zweyen grossen zu 4000 Türcken bestehenden Partheyen gäntzlich geschlagen worden.

Man kan nicht glauben, wie sehr dieses dem Piccolomini betrübet, allein als ein solcher, der niemals das Hertz verlohren, conkamandierte er den Strasser nacher Nissa, auf das der durch ein solches Accident hoffärtig gewordene Feindt kein grosseres Glück unternehmen möchte. Er aber verfolgte dem March und komme den 6ten wie ich schon gemeldet zu Prisiran [Prizren], der Hauptstadt in Albanien, an, allwo er vom Ertzbischof (5) [36r] selbigen Lands und von dem Patriarchen von Clementa mit unterschiedlichen geistlichen Bezeugnungen bewillkommet würde.

Es standen aussen von Priserin [Prizren] 6000 und mehr Albaneser, und auch selber derenjenigen, so vormahls von denen Türcken besoldet und Arnauten genannt werden. Diese gaben im Vorbeymarch der Teutschen zum Zeichen der Freude drey Salven, hernachmahls aber legten sie dem Kayser nach ihrem Gebrauch den Eydt der Treue ab. Dahero der Piccolomini mehr als 20.000 Ratzen oder Albaneser unter Fahnen hatte, welch alles ein kriegrisches Volck ware, und welches nach dem Willen des Generals alle ordendliche Sach wie gross sie auch möchte gewesen seyn, unternommen hätte.

Es unterliesse der Graff nicht mit dem Ertzbischof und andern teutschen Häuptern zu berathschlagen, ob es gut wäre, sich einem veränderlichen Volck, und welches dreymahl stärcker als er ware, zu vertrauen; allein, weillen er von den Ertzbischofen dessen nicht allein versichert, sondern auch noch animirt wurde mit selbigen National-Völckern die Victorien zu prosequiren, als machte er unterschiedliche Ordnungen und Veranstaltungen in dem Land, umb zur Erhaltung so vieler Miliz genugsame Gelder und Lebensmittel zu ziehen, und zwar dieses mit weniger Beschwerung des Volckes zu bewerckstelligen, wovon man hernachmahls nützliche Progressen hoffen könte.

Kaiser Leopold I. des Heiligen Römischen Reiches.



Kaiser Leopold I. des Heiligen Römischen Reiches.



In Wahrheit das Glück des Piccolomini ware nicht natürlich, wohl aber eine besondere Gnad Gottes zu höheren Glory s[einer] kays[erlichen] Majestät. Seine Manier, seine [37v] Unerschrockenheit und Vorsichtigkeit in allen Ergebenheiten, machten ihn an Hochschätzung in denen Gemüthern der Menschen auf das höchste steigen. Seine untergebene Häupter hätten lehren sollen, einen solch grossen Mann nachzuahmen, welcher vor das gemeine Beste sich selber aufopferte, derselbe legte die wahren Grundvöste zu der Universal Monarchie des Kaysers Leopoldt.

Wenn all die andere Häupter des Kaysers ein gleiches gethan hätten, würden vor gewiss keine Türcken mehr in Europa seyn, und ich weiss hernachmahls nicht, wie es mit denen Franzosen, so anjelzo [?] so kühn seynd, stehen würde.

Wir müssen es beschließen, weil es annoch die Zeit nicht ist, dass die römische Waffen zu ihrer ersten Glory wiederkehren, und die Adler mit ihren hohen Flug die Erde bedecken. Jedoch hoffe ich dieses noch vor meinem Todt zu sehen.

Indessen als bey dem Generale das Übel wuchse, ware derselbe bemüßiget, seinen reissfertigen Geist mit göttlichen und sacramentalischen Steifen zu stärcken, welche ihm auch der Ertzbischof reichte. Als er sich nun von Kräfften gantz verlassen sahe, bereitete er sich bald in jene Ewigkeit zu fliehen, welche von denen Kays[erlichen] selbsten so sehr befürchtet wird. Allhier solte ich ein Lobred machen von der Frombkeit und cathol[ischen] Disposition des Piccolomini. Ich werde aber allein sagen, dass weillen er alle Zeit als ein cathol[ischer] und christlicher Cavallier gelobt, übergabe er als ein kays[erlicher] General den 9ten vormittags um 7 Uhr seine Seele in die Hände Gottes, [37r] von sich hinterlassendt das Gedächtniss in dem Leben derjenigen so ihn kennend, noch mehr aber bey denselben, welche seine preisswürdigen Taten betrachten werden.

Der Piccolomini resignirte sterbend das Commando dem Herzog von Hollstein, ihn vollkommen unterrichtend von allen Affairen, als dann bekommen alle Sachen gantz ein anderes Aussehen, denn weilen der Steuersmann verlohren ware, ließe das Schiff auf dem Meer nach Willen der Winde in einen augenscheinlichen Schiffbruch.

Erstlich weilen man die Albaneser auf herrschende Manier tractirte, fiengen sie an, die Neigung gegen denen Türckschen zu verliehren, da dann viele derselben sich wenig geachtet sehend sich auf das neue auf die türckische Seite zurück begaben.

Erzbischof Pjetër Bogdani.



Erzbischof Pjetër Bogdani.



Da man auch das Volck mehr beschwerte, als solchem von dem Piccolomini versprochen worden, fiengen dasselbe gleichmäßig an zu murren, und bezeugte sich sehr übel zu frieden, absonderlich wegen der üblen Disciplin der Soldaten. Was sie aber auf das höchste zum Zorn reizte, ware, dass, wann sie bey denen Officieren wieder die von der Miliz ihnen zugefügten Unbild, Gerechtigkeit verlangten, sie nichts anders davon trugen, als Verachtung, Affront und unerträgliche Wort. Als die Sachen in solchem Standt waren, kommen die drey von dem Baaden geschickte Regimenter an, welche auf Ordre des Herzogs in der Gegend von Priserin einquartieret wurden, wovon die Linie dieser Quartieren sich bis gegen Nissa aussähete. [38v] Infolgedessen attaquirten die Arnauten und viele Rätzen zu Fuss, in allen 1000 Mann, mit denen 100 Teutschen zu Pferdt unter Anführung des H. Sanoski, Hauptmann, von dem Regiment Piccolomini den 13ten November zwey Meilen von Prisserin [Prizren] eine von der Seiten von Scopia gekommene Parthey von 1500 Türcken, welche, nachdem sie Wunder gethan, sich retirirten, hinterlassend von beiderseits bis 80 Todte auf der Wahlstatt und gleiche Zahl deren Gefangenen, jedoch allein 12 in den Händen der Kais[erlichen].

Da diese feindliche Parthey zurückgekehrt, wolte der Bassa von Sophia, Achmet genannt, welcher mit seinen Völckern [aus] Adrianopel angekommen, sein Glück versuchen, und zu unserm Unglück begegenete er den 16ten November so viel mir bekandt ist, eine andere Parthey Ratzen, angeführet von dem Commissari Kessler, welcher beyläuffig 900 Man starck, worunter einige deutsche Soldaten und Knecht waren. Und weillen die Sonne nicht allezeit scheinet, noch auch der Commissari handtwerck ware, einen Feldherrn zu agiren, wurde er also geschlagen und gefangen, welche sich die Vermessenheit dem Barbare wachsen machte, also dass sie eben unter demselben Bassa sich in 3000 Mann Türcken und Tartare zusammenzogen und viel von Stipo [Štip] geflüchtetes Volck, auf das neue an denselbe Orth fuhrten.

Stipo ist ein ziemlich großer Flecken, mit einer Retraite oder Palanca mit guten Pallisaten bevestiget, allwo, als die Miliz mit denen Einwohnern ankommen, sie Stille hielten, umb die Bewegungen deren Kais[erlichen] zu beobachten. [38r] Als der Herzog von Hollstein diese Bewegung vernahme, versammelte er gleichfalls sein Regiment, dasselbe des Printzen Carl von Hannover (6), Seran, Piccolomini und die Hussare des Csaky und noch viele Ratzen und Arnouten, da nun solche auf verschiedene Tag mit Kriegsmunition und Lebensmittel verproviantirt waren, brache den 24ten November von Orisovia [Orizari?] auf und mit allem Fleiß marchirend komme er den 27ten ziemlich früh im Angesicht von Stippo an, allwo zu denen schon gemeldten 3.000 Ungläubigen der Bassa Mamuth, vormaliger Commendant von Scopia, mit anderen 3.000 Mohammetanern indessen gestossen und also in 6.000 meistentheils Cavallerie ausser 80 Janitscharen und vielen Arnauten starck waren. Es führte die kays[erlichen] Vortrouppen der Durchlauchtigste Printz Carl von Hannover, welcher als ein Löw die Feldtwachten der Barbarn mit 400 Pferden starck angriffe, die sich aber mit nicht gemeinen Muth defendirten, jedoch mussten sie der Hitze der Christen nachgeben, und retirirten sich in Unordnung gegen ihrer Armée, deren grosster Theil auf diesen Allarm, sich aus der Stadt, worinen sie logirten, begeben hatte, und sich in gute Ordnung setzen wolte, welches ihnen aber von denen zum Secour der vorangegangenen Trouppen schon angelangten verschiedenen Esquadronen nicht zugelassen wurde. Dahero der Printz und vier Standarten seines Regiments gewisse Hauser oder Scheunen einnehmen liessen, welches den rechten Flügel des Heeres zum Schaden der Türcken sicherstellete und auch verursachte, [39v] dass die noch nicht in Ordnung gestellten Feinde gegen den Feldt sich wenden müsten und selbes Lager in Unordnung setzeten.

Nachdem der Durchlauchtigste Hertzog von Hannover vernommen, was mit denen Trouppen und dem rechten Flügel vorginge, folgte er in Eyl mit dem Corpo de Battalie, und lincken Flügel, nach welchen er noch zu rechter Zeit vor denen Machometanern formiret hatte, und befand sich im Standt dieselbigen gäntzlich über Hauffen zu werffen und in den Flucht zu beugen, die dann deren sowohl von denen teutschen Musqueten als auch von denen Säbeln deren Hussaren mehr als 1000 todt bleiben und viele gefangen würden.

Es überbliebe annoch denen unsrigen die Reserva (wohin sich viele brave Ottomannen begeben hatten) zu überwinden, umb sagen zu können, dass man eine vollkommene Victory erhalten habe. Also beorderte der Herzog den Angriff durch die Dragoner, welcher viel härter ware, als man sich einbildete, alldieweilen die Beschützer als verzweiflet das ausserste thaten, dahero das Unternehmen leer ausginge, und verlohren die Kays[erlichen] dabey 150 Soldaten, und wenn man nicht die Resolution genommen hätte, die Palanka wegzubrennen, würden die Christen mit ihrem Volck Stipo niemahls abgebrannt haben.

Als nun die Flammen in selbig dürren Höltzern herumschweiffeten, gabe solches Gelegenheit den Angriff auf das neue zu tentiren, welcher glücklicher als der erste von statten gienge, alldieweilen der Barbare, als von allen Seiten umbgeben und angefochten, nämlich von dem Feuer, von denen Teutschen, von dem Weinen und Schreyen derer Weiber und ihrer Kinder, [39r] endlich als ein Opffer deren christlichen Deegen fielen. Die Beute ware so gross, dass es gewiss eine Fabel scheinet, solche zu beschreiben. Nichts destoweniger bin ich von glaubwürdigen Persohnen versichert worden, dass die Soldaten das Geld mit Realen und Löwenthalern untermenget mit vollen Hüten theileten.

Solches grosses Glück der kays[erlichen] Waffen hätte ungemeinen Nützen nach sich gezogen, wenn man denen Maximen des verstorbenen Piccolomini gefolget. Da solche aber gäntzlich hintan gesetzet wurden, sahe man gar bald die Affairen des gemeinen Wesens verwirret.

Nachdem sich Seine Durchlaucht von Hollstein von Stipo weg begeben, verstärckten dieselben die Besatzung von Priseren mit 5 Compagnien des Hannoverischen Regiments nebst der Persohn des Printzen Carl selbsten, welche denen anderen 5 Compagnien von Piccolomini zugesteller selben Platz und Landt in einige Sicherheit setzten. Wieder die Drohungen des Mamuth Bassa, welcher sich prahlete, solches gäntzlich in Aschen zu legen. Es hatte auch dieser wircklich unterschiedene Verständnissen mit denen Häuptern der Arnouten, welche auf Befehl des Hertzogs die Waffen samt ihrer Miliz ablegen, und die Contributionen gleich denen Bauern selbsten denen Teutschen bezahlen müsten, welches dieser freyen und kriegerischen Nation eine unerträgliche Sach ware.

Inzwischen ware der Hertzog der Meynung, dass, so die Feinde an allen Orthen geschlagen würden, könnten die eroberte Länder gesichert und deren Einwohner [40v] zu dem schuldigen Gehorsamb und zu denen Regule deren Erbländern des Kaisers, wie die Hungarn, Böhmen, Sclavonier, Teutsche gebracht worden. Wessentwegen er sich dann bereitete dem Mamut Bassa auf den Fuss nachzugehen und zwar mit 1.000 aus allen Regimentern commandirten Pferden, eben so viel teutschen Fussvolckern, einigen Stücken und vielen Hussaren und Rätzen, in allen gegen 3.000 Mann.

Also brache er den 2ten Dezember von Priseren auf und marchirte mit grossen Schritten gegen das Gebürg vom Luma, allwo er wusste, dass sich Mamuth Bassa mit fünf in 6.000 deren seinigen hinbegeben hatte. Die Erscheinung deren Christen allarmirte ungemein die Trouppen des Mamuts also zwar, dass die Häupter zu ihme giengen und vor ihme protestierten, dass sie sich auf keine Weis mit denen unsrigen schlagen wolten, wessentwegen er sich den Tag vor des Hertzogs Ankunft, welcher der dritte Dezember ware, retiriren müsste. Ingleichen flohen mit ihme davon nebst ihrem Vermögen die Einwohner des herumbliegenden Landes, welche denen Kays[erlichen] niehmahlens contribuiren wolten, zumahlen sie sich der Parthei gar zu getreu bezeugeten.

Als Seine Durchlaucht allda angelanget, fanden sie nichts, weder einige Nachricht, auf was vor eine Seiten sich der Feind gewendet habe. Jedoch zur Straff selbigen Einwohner liesse dieselbte einige Dörffer einäschern. Nach diesem aber begaben sie sich zurück nacher Pristina mit dem Vorsatz Peechia [Peja/Peć] zu visitiren, allwo die fünff andere Compagnien des Piccolomini einquartierter [40r] lagen, des Vornehmes, allda eine Linie von denen Quartiere bis nacher Petropopoli auf der Seiten Arcecovina [Herzegovina] zu ziehen, welches ein fortificierter und von dem Topat [Topal] (7) Bassa, vormahligen Guberneur von Bosnien, bewahrter Orth war.

Damit unsere Affairen ein übler Streich wiederfahren möchte, wollte der Himmel, dass der Ertzbischoff von Albanien stürbe, welcher alle selbigen Völcker und den grössten Theil der Arnauten in Zaumb und in der Devotion gegen seine Kais[erliche] Mayestät erhielte. Also da dieser den 8ten December aus diesem zäher Thal in die Freuden des Paradies eingienge, flohe mit ihme auf einer Zeit auch unser Glück auf die Erden.

Wahrenden dieses befande sich der Hertzog auch umpässlich, nichtsdestoweniger schiene ihme gut zu seyn, viele Straffen und nöthige Länder recognosiren zu lassen, zu welchen eben derselbe Hauptmann von Piccolomini, Herr von Sanoski, mit 100 teutschen Pferden und 400 Ratzen commandirt worden.

Nachdem er den 20ten Dezember von Pristina aufgebrochen, komme er in zwey Tagen nach dem Orte Vellez [Veles], fünf Meillen von Scopia, welches alles offen befunden, und unversehens von viele Seiten angegriffen, überwältiget, und die Einwohner in die Flucht getrieben wurden, jedoch bleibend bei 30 Feinde todt und viele gefangen, ohne einer Zahl der alldort wohnenden Türcken und Christen zerstreuet.

Es kommen nach diesem glücklichen Erfolg bey viele von denen Christen eroberten Stück Vieh, dahero der Sanoski zufrieden wiederum zurückkehrete, allein als er auf eine starke Trouppe Janitschaten traffe, und die er mit zehn Pferden gienge [41v] eine gewisse Gegend bey seiner Arriegarde recognosziren, wurde er tödtlich verwundet, und gabe nach 4 Stunden seinen Geist auf in Caczenek [Kaçanik], allwohin er von denen seinigen auff eine solche Arth gebracht wurde, dass es Mitleyden erweckte.

Als der Hertzog beobachtete, dass man mit der Schärffe von selbig hochtrabenden Gemüthern keine gute Frucht sammlen konte, noch auch von unseren Maximen, fienge er so wohl mit ihnen, als auch mit denen Türcken mit aller Höffligkeit und Güte umbzugehen, und wann solches anfangs geschehen wäre, o! Viel besser wäre es gewesen, aber dazumahl ware es gar zu spath, weilen das Gemüth der Albenser auf das äusserste erbittert worden, so wohl wegen den Geitz als der Hofsarth deren teutschen Offizier, welche in Verachtung derenselben, sich hernach selber den Ruin baueten.

Nichtsdestoweniger machte er auf diese Art die Sachen einiger maassen wieder gut und wenn dem Strasser das Unglück nicht begegnet wäre, würde der von Hollstein gewiss das Eroberte und die Confinen bis zur Ankunft des Veterani erhalten haben und hiervon gabe das Exempel von Rosajo [Rožaje?], ein genug gross- und starcker Orth, welcher gegen der Porthen rebellierte, und sich den 12ten Dezember in den Schutz der Kays[erlichen] ergabe, und damit derselbe noch mehr seine Treue möchte sehen lassen, beschlossen sie wieder die Einwohner von Pilippopoli [Plovdiv?] zu streifen.

Als der Peg vom besagten Pilippopoli die Vermessenheit von Rosajo vernahm, komme er den 23ten in Persohn mit 50 Janitscharen, 3 Stücken Geschütz, 1000 Arnouten und 500 Pferden dahin. Dahero als er die Arn[outen] auf eine Anhöhe postiret, fienge er an das [41r] Castell von Rosajo zu beschiessen, wodurch das darinnige Volck verzagt würde, und umb Pardon bathe, welches als es ihnen von dem Peg versprochen worden, ergaben sie sich unter den vorigen Gehorsamb der Porthen.

Bey Erfolg dieser Sachen wurde der Hertzog von den Obristlieutenant von Apremont avisiret, wie daswegen einer grossen feindlichen Parthey mit 2000 und mehr Pferden starck, welche von seiten Soffia [Sofia] herkommen, das Volck von Palancka [Kriva Palanka] den 20ten bemüssiget wurde von dannen zu fliehen, welches in unterschiedlichen ratzischen Einwohnern, jedoch Soldaten und verschiedenen Teutschen bestunde. Ein gleiches begegnete den 22ten der teutschen Besatzung von Orsova. Er fügte noch bey, dass besagte Parthey sich rühmete, gar bald auf eine Zahl von 18.000 an Türcken und Tartere angewachsen zu seyn, und dass sie mit solcher Macht tentiren wolten, die Kays[erlichen] aus denen Gegenden von Nissa zu delegiren. Alles dieses, was er schriebe, wusste er von doppelten Kundtschafften.

Nachdeme auch von andern Seiten derley Nachrichten einliefen, versammleten Seine Kays[erliche Hoheit] den 27ten Dezember in Pristina einen Kriegs-Rath, worinnen beschlossen worden, sich auf alle Weis denen Feindlichen zu wiedersetzen, und die Miliz zu versammlen. Indessen entstunde ein unversehener Lärmen, dass nahmlich drey tausendt Tartarn unter Anführung des Sultans Naradin [Nureddin], durch unpracticable Weeg zu Schaden der neu eroberten Länder herüber gekommen wären, und hätten in denen Gegenden viele Dörffer in die Aschen geleget.

[42v] Wessentwegen der Hertzog den Herrn Obristen Strasser, Commendanten von Nissa, welcher wegen unterschiedlichen dem Platz nothwendigen Sachen dahin gekommen ware, beorderte, umb zu sehen die Tartarn mit der Miliz aus Pristina zu schlagen, und dieselbe von denen Gräntzen wegzujagen.

Als nun der Strasser noch selbigen Tage mit der Miliz bestehend von 600 Teutschen Fussvölckern und 500 Pferden nebst 1000 Ratzen commandirt wurde, wolte der Sultan Naradin ihn mit 1300 auserlesenen Pferden attaquiren, und zu gleicher Zeit liess er die seinige sich mit Beuth und gemachten Gefangenen, so wohl von einigen aufgehebten Teutschen, Salvaguardien, Hungarn und Nationalen zurückziehen.

Nachdem ihme dieses Vornehmen gelungen, komme er in Anfang eines Waldes gegen die Fronte der Kays[erlichen], welche nach militarischen Gebrauch sich formirend, gaben sie dem Naradin Zeit genug, die Stärcke deren Unsrigen zu observiren und sie hernachmahls zu attaquiren, dessen Gedencken aber nichts anders waren, als nur Gefangene zu bekommen, und von denenselbigen zu vernehmen, was bey denen Catho[liken] vorgienge, welches ihme alles glücklich vonstatten gienge. Es ist wohl wahr, dass er fünff oder sechs der seinigen verlohre, auch so viel Gefangene in denen Händen der Kays[erlichen] hinterliesse, wogegen er zwey Hungarn und zwey Teutsche in seine Hand bekomme.

Als der Strasser sahe, dass der Feindt das Land verlassen hatte, und dass es eine vergebliche Sache wäre, ihn zu verfolgen, kehrte er wieder [42r] zurück nach Pristina, allwo Seine Kays[erliche Hoheit] den Rath fortsetzend den vorletzten Dezember vernahmen, das Caccianech [Kaçanik] belagert, und darinnen nicht mehr als 100 Musquetirer zur Besatzung seynd, und dass solches bald in der Türcken Hände so in 18.000 Mann starck wären, fallen würde. Wessentwegen der Hertzog ohne weitere Anstand dem genanndten Obrist Strasser anbefahle, sich in das Feld vor die Armée, so allda ohne weitere Verzöhrung zusammengebracht werden kunten, zu stellen. An Cavallerie waren 300 Dragoner von Styrien, 300 von Hannover, 300 von Hollstein, in allen 900 Pferd mit welchen sich auf den Platz conjungiren solte das Regiment von Piccolomini starck bey 500 Soldaten und alle diese Oberwähnte unter dem Befehl Seiner Durchlaucht des Printzens Carl von Hannover. Von Infanterie sahe man allein 400 oder weniger Musquetier, von dem Obristwachmeister Graf Solari commandirt, denen Teutschen geselleten sich bey fast 1.500 streitbare Mann zwischen Ratzen und Arnouten ware also das gantze Heer 3.500 Mann starck, welches den 1 Januar 1690 von Pristina aufbrache.

Ich weiss nicht, warum der Hertzog auf diese Expedition nicht selber aufgebrochen. Man wird mir vielleicht sagen, dass er, wie die Rede gienge, kranck ware, allein nachdeme er die Quittung von der Niederlaag deren Unsrigen erhielte, brache er als ein Krancker gar zu eilendt gegen Nissa auf.

Ich habe gehört sagen, dass er den Nahmen nicht haben wolte, als hätte er dem Kayser selbige Confinien verlohren, zumahlen er die Sache sehr übel incaminiret sahe, weswegen er die Commission dem Strasser aufgegeben. Indoch hoffend, gleich wie er [43v] auch befohlen, dass sich derselbe nicht alsogleich mit einer viel grösseren Macht, als die einige ware, schlagen würde, dahingegen er noch Zeit gehabt hätte, mehr Volck zusammen zu ziehen, umb als dann durch eine rechte Schlacht in Persohn das Glück zu versuchen, und durch eine Victory alles wiederumb in guten Standt zu setzen.

Damals beobachteten Seine Kays[erliche] Majestät, das von 20.000 Arnouten so der Piccolomini unter den treuen Gehorsamb des Kaysers gebracht, weilen sie anfangs so wohl von Hochgesiegt Seiner Durchlaucht als auch anderen Officirn übel tractiret worden, nicht nunmahl mehr 3000 wären, auf die er sich verlassen kunte, und wann der Hertzog nicht wäre anders Sinnes worden, als er den Fehler gesehen, würde er nicht einen einzigen in Dienst behalten haben, und obwohlen auch diese mit denen Kays[erlichen] marchierten, hegten sie doch in ihren Herzen einen üblen Willen.

Wenn man gedencket große Länder sich zu unterwerfen, mit Schärfe, weniger Disciplin und einer kleinen Macht, ist das Suppositum falsch. Man kan wohl mit einen mittelmässigen Heer große Sachen unternehmen, jedoch mit vorhergeschriebenen Regeln, allein man bemerket alle Fehler Rath.

Und zwar obwohlen der Hollstein dieses Volck, welches anfangs als unnöthig consideriret ware, und vielmehr zur Jalousie und Verhinderung des Inte[resses] Seiner Kays[erlichen] Majestät, anerwogenen von gewissen Häuptern gedacht wurde, dass alle unterworfene, oder sich selbst in die Huldigung [43r] gegebenen Völcker ihren Geitz contribuiren und keine Waffen führen solten, glaubend in der Einbildung mit einer Handtvoll Volck bastant zu seyn, gantze Königreich in dem Zaumb zu halten.

Als dann erkennete man das einzige Mittel, die eroberten Länder zu stillen, sich alle Zeit animirendt wieder die Türcken, welche als sie sich mit ihrer vormahligen ersten Miliz wieder verstärcket sahen, gedachten sie die Quartier der Österreichischen anzufallen, und allein damahls, da sie von den Arnouten formentiret wurden, welcher mit unser Manier übel zu frieden, wiederumb unter die vorige Devotion der Mahometaner kehrten.

Wiederumb zu den Strasser zu kommen, bildete er sich ein, mit einem stoltzen Corpo Wunder thun zu können, und die Feinde biss nacher Sophia zu jagen, dahero weil er von Natur violent und wenig höflich ware, gabe er öfters denen Officiren so wohl Teutschen als Ratzen genug stutzige Wort, welches die Unsrigen disgoustirte, also zwar, dass auch der Printz Carl selber mehr als einmahl bereuete, unter seinem Commando zu seyn.

Gleichwie aber der Strasser in Wahrheit ein Soldat ware, allein ein wenig gar zu rigoros, also wollte er die Barbarn zu einer Bataille ziehen, und dessentwegen musste er eine Bewegung machen, sich vertrauend, von denen Seinigen nicht verlassen zu werden, welche ihn aber in Wahrheit wenig lietten.

[44v] Nachdem die Trouppen vier Stund marchiret, kommen sie zu einen Pass eine kleine Meil von Caccianek [Kaçanik], allwo man vernahme, dass solches von den Türcken seyn weggenommen worden. Alldorten hielte der Obrist still, und als er früh morgends um 2 Uhr marchirete, wurde er von einem Obristlieutenant der Arnauten ermuntert, nicht weiter fortzureiten, weilen die Türcken gar zu starck wären. Er verlachte ihn aber und nannten ihn einen Potron. Auf dieses widersetzte der Albaneser einiges Wort, vorüber der Strasser erbittert, ihm einen Pistohlenschuss versetzte, und gefährlich in einen Armb verwundete. Er schritte noch zu andrer Extremität, indem er einen anderen Soldaten auch von denen Arnauten wegen einer geringen Ursach hinrichten liesse, und also alle die Nachrichten verachtend, passirte er die Defilée von Cacianeck, und begabe sich mit dem Corpo an einen Marast zu setzen, allwo ihm die Türcken nicht so leichtlich forciren könten.

Nach diesen verlasste er aus eigener Caprice die gute Laagerstelle, und kame sich zu setzen in eine offene Gegend, allwo die Flanquen nicht kunten beschutzt werden. Diesem nun wolte sich der Printz von Hannower und andere Officiere mit Bitten wiedersetzen, ihm vorstellend, dass nach Anlangung des Piccolomi[ni]schen Regiments, als auch anderer Trouppen in solchen Fall die Victori sicher wäre, und dass man nicht ohne Ursach die Cronen Seiner Majestät also hazardiren solte.

[44r] Wann man Unglück haben solle, so werden die gute Räth nicht angehöret, noch auch das Übel vorgesehen. Ein solcher ware der Strasser, welcher von der Tapfferkeit der Seinigen persuadiret, ohne die kleine Zahl zu betrachten, sich in augenscheinliche Gefahr setzte, die Feinde mit gewissen Canon Schüssen und Lärmen militärischer Instrumenten zur Schlacht ausforderend.

Das türckische Heer commandirte der Bassa Achmet und Mamut, beide oben benahnnt, bestehend in 3.000 Tartarn unter dem Sultan Naradin, so vielen Spahi und 4.000 Arnouten mit ihren Aga, über 1.500 Janitscharen gleichmässig mit ihren Aga. Die ungetreuen Arnouten hielten mit denen Unsrigen Correspondentz. Dahero diese alteriret sowohl wegen des üblen Tractaments, so man ihrem Obristen angethan, als auch weilen der Strasser einen ihrer Camerathen zum Todt condemniret, liessen sie sich vernehmen, dass so die Teutschen mit Ernst angegriffen wurden, wolten sie sich bey solcher Gelegenheit auf die Seiten derer Ottomannen begeben, und zur völligen Unterdruckung deren Kays[erlichen] hülfliche Handt leisten. Als nun dieses zwischen dieser barabarischen und unmenschlichen Nation als concertirt war, oder besser zu sagen, weillen es der Strasser also haben wolte, avancirte der Naradin mit denen Tärtarn auf die rechte Seiten der Kais[erlichen] allwo die Ratzen waren, welche sich anfangs unerschrocken erwiesen, nachdem sie sich aber in die Flucht begaben, liessen sie denselben [45v] offen, in welchen, als die Tartarn eindrungen, fienge die Cavallerie und Infanterie an höchsten Schaden zu leiden.

Da dieses auf den rechten Flügel angienge, hatten die Spahi auf den lincken Flügel gleiches Glück, welcher auch nach geringen Wiederstandt von denen Arnouten verlassen wurde, dahero unsere gantze Ordnung in Confusion ware. Damahls bemühete sich der Strasser im Ernst die Sache wieder in guten Standt zu setzen, wie auch der tapfere Printz Carl, aber umbsonst, welcher alles unnützlich sehendt, zeigte auf das wenigste in der Extremität ein Hertz eines Grossen, sich mit denen Waffen in der Handt zwischen denen Feinden den Weeg eröffnendt, zum Succurs der einen und der andern Troupp der seinigen, allwo er nach vielen gloriosen Verrichtungen undt absonderlicher Bestreitungen bald mit diesem bald mit jenem Feindt, welche er todtgestreckter auf die Erden legte, endtlich er selber als ein Opfer der feindlichen Raserey dahin fiele.

Obschon die grossmüthigen Deutschen ihren lieben Prinz Carl verlohren hatten, welcher in Wahrheit mehr als viel von allen geliebet und hochgeschätzet ware, zugleich auch vor sich einen so fatalen Tag sahen, so revolvirten sie sich nichtsdestoweniger ihr Leben theuer genug zu verkaufen. Dahero als die Häupter sich verabredet hatten, trieben sie die Türcken [45r] und Tartarn von ihren Linien zurück, und in Mitten des Feuers, derer Säblen, Pfeile, Niedermetzlung und deren Todten vereinigten sie sich zum Theil und ergäntzeten auf einige Augenblicke die Batallie, zumahlen jedweder Wunder verrichtete.

Der Graff Solari in Ermanglung des Verwundeten Strassers, welcher in der ersten Furie in so grosser Unordnung geblieben, hatte Gelegenheit mit Hülff der Cavallerie die Musquetirer wieder in Ordnung zu setzen, und zu ihrer Schuldigkeit zu bringen. Dahero der Streit auf das neue schärfer undt blutiger anginge undt gewisslich die Türcken hätten niemahls den Sieg erhalten, wann die unsrigen den Rücken undt die Seiten verwahret hätten. Allein weillen sie in offenen Feldt und von denen Feinden umbgeben waren, fiengen sie an, die Hoffnung zu verliehren, und umb so viel mehr, weilen ihnen die Munition abgienge.

Als die Ottomanen beobachteten, dass die Kays[erlichen] im Feuergeben nachliessen, machten sie den Schluss, dass ihnen Pulver und Bley abgehen müsste. Dahero ohne weiter sich aufzuhalten, avancirte das Gros der Armée, die unüberwindlichen Catholischen von fornen, hinten undt in denen Seiten anzufallen, welche bey solcher Last unterliegen musten, nicht als überwundene, sondern vielmehr als triumphirende Seelen, welche von dem Streit dieses kurtzen und mühsam Lebens, mit triumphirenden Palmen dahin gehen, die seelige Miliz im Himmel zu verstärcken. [46v] Von so vielen Volck blieben wenig gefangen oder lebendig, die andere mit Hülff der Nacht undt der nahen Wälder kamen des anderten Tages fluchtendt zurück gegen Pristina, die Gefangenen waren etwelche Officier undt unter denenselben der Graff Solari. Den Strasser betrefendt, sagten einige, dass er seye todt gesehen worden, andere versicherten seine Gefangenschafft, jedoch Verwundeter, undt als ein solcher hätte er in derselben hernach den Geist Gott übergeben. Man sagte auch, dass so das Feldt mit Todten der Kays[erlichen] übersät ware, so wäre doch eine doppelte Zahl deren Ungläubigen zu Grundt gangen.

Als diese traurige Nachricht dem Hertzog überbracht wurde, retirirte er sich mit gar zu grosser Sorgfaldt nacher Nissa, welches unendliche Schaden verursachete undt auch eine Verachtung des teutschen Nahmens bey den Einwohnern, wie nicht weniger unter der zurückgebliebenen österreich[ischen] Miliz eine wahrhaftig innerliche Furcht. Alldiweillen man ohne einiger Consideration die Stadt Pristina mit einem Magazin verliesse, welches tauglich ware, drey in vier tausendt Soldaten während vier Monathen hindurch zu ernähren, undt so viel Fourage, als nöthig ware 1.200 Pferdt zu überwintern. Mit allein diesen zu geschehenen Sachen ist kein Mittel, und wann der Veterani in selbigen Confinen nicht bald angelanget, alles bis nacher Belgrad verlohren gegangen wäre. Dieses Unglück des [46r] Strassers war ein andere Ursprung des Ruins. Seiner Majestät zumahlen so wohl von Seiten Siebenbügen als von Servien waren die Armeen vertorben, undt incapable sich in den Standt zu setzen, künftige Campagne denen Progressen der Feinde sich wiedersetzen zu können, wann sie im Ernst einige unternehmen wolten, wie sie hernachmahls nur gar zu sehr thaten.

Indessen marchirte das Regiment Piccolomini unter dem Befehl des Obristenwachtmeisters Grafens Monticelli, umb sich auf dem von dem Hollstein bestimmten Rendevous einzufinden, und den folgenden Tag nach der Schlacht, nahmlich den dritten, langte es in der Nähe an, allwo die Niederlaag erfolget ware, ohne die geringste Nachricht davon zu haben.

Als er allda viele zerstreute Trouppen der Tartarn antraffe, fiel er dieselbige an und jagte theils in die Flucht. Doch bakame er drey Gefangene, von welchen, da sie examiniret wurden, er mit denen Trähnen in denen Augen den unglücklichen Zufall vernahme, so denen kays[erlichen] Soldaten begegnet ware. Desstwegen nahme er ohne Zeitverlust den March nacher Pristina.

Er ware noch nicht gar eine halbe Stundt marchiret, siehe da, die gantze Furi der Tartarn, welche im vollen Cariere ihme auf den Hals kamen, an der Zahl tausendt mit dem Sultan Naradin selbsten, welcher mit einem grossen Theil seines Volcks zurückgeblieben ware, wie die Türcken triumphirendt mit der [47v] Beuth, denen Gefangenen und Canonen nacher Pilipoppoli [Plovdiv?] gezogen waren.

Aus den Examine der drey gemeldten Gefangenen bliebe der Monticelli vollkommen persuadiret, dass er vielleicht wurde bemüssiget werden zu schlagen; westwegen er dann vorhero seine Officier und Soldaten animirte, dass sie mit ihme leben und sterben möchten. Da er also den Schwarm sich sahe auf dem Hals fallen, thate er nichts anders, als allein eine Brücken undt einen kleinen Marast zu gewinnen. Als er sich allda gesetzet, erwartete er mit festen Fuss den Feindt, und liesse indessen mit 40 Pferden undt einen braven Lieutenant vorbesagte Brücken, vorüber das ganze Regiment passiret, bewahren.

Dieses Gefecht währete mehr als zwey Stundt, da die Christen Salven aus denen Flinten auf die Barbarn gaben, diese hingegen einen Regen von Pfeilen auf die Catholische zuschickten. Jedoch ware die Brücken und der Marast zwischen beiden. Dahero die Tartarn niemahls kunten noch sich getraueten denen Unsrigen in den Rücken zu kommen. Da nun der Abend herbey kame, begabe sich der Obristwachtmeister mit guter Kriegsregel auf den Marast, und wurde mit Heülen und Schreyen von denen Machometanern einige Zeit begleitet, aber niemahls in der Nähe sehr molestiret. Solcher Gestalt kame er nach [47r] Mitternacht zu Pristina an, und befande, dass ihm allein 20 Soldaten abgiengen, und ein Haubtmann nebst einigen Gemeinen verwundt waren.

Als der Monticelli in Pristina alles veranlassen sahe, thate er nichts, als die Trouppen zu erfrischen, und begabe sich auf das neue auf den Weeg gegen Procopia; allhier muss man loben, die Tugendt, die Hertzhaftigkeit und die Aufführung besagten Graffens.

Also solten seyn alle Officier, und man muss sich allein in eine Schlacht einlassen, wenn es die Noth erfordert, oder wenn man seinen Herren einigen Vortheil, und dem gemeinen Wesen einigen Nutzen zu Wegen bringen kan. Dem Schlagen auszuweichen gegen eine grössere Macht, ist ein wahres Zeichen der Hertzhaftigkeit, undt keine Forcht; aber wann man darzu gezwungen ist, alsdann soll man streiten, und man wird überwinden, dieweilleg sich das Glück einer wahren Tugendt und wahren Muth beygesellet.

Dem Veterani habe [s]ich in der Wallachey verwundet gelassen, welcher von Seiner Durchlaucht von Baaden Ordre bekame, sich nach dem Commando von Nissa zu verfügen. Er hatte sich in solchen Standt auf den Weeg gegen Belgrad begeben, allein weillen ihme und seinem Volck auf der Strassen die Lebensmittel als auch vor die Pferdt die Fourage abgienge, litte er viel auf dem Weeg in selber scharffen Winterzeit.

[48v] Nachdem er aber endlich im besagten Belgrad angekommen, vernahme er die dem Strasser und so vielen andern berühmten Officieren undt Soldaten zugestossene Fatalität, wessentwegen er gegen selbigen Seiten den March beschleunigte.

Indessen da sich der Graff bemühete umb desto ehender nacher Nissa zu kommen, begegneten ihme zwey Couriers, fünff Stundt einer nach dem andern, welche der Hertzog an den Hoff schickte, demselben Part gebend von dem grossen zusammengezogenen Corpo der Türcken. In diesen erhielte er einen Brieff von den Obristen Graffen von Herberstein, in welchem er ihme die Niederlaag des Strassers berichtete. Nachdem nun der Graf weiter fort ruckete, bekame er allzeit mehrere Zeichen von der innerlichen Forcht der Teutschen.

In solcher Consternation wuchse die Confusion und der Schrocken noch mehr in dem Gemüthe des Herzogs. Alle Quartier waren in Bewegung, und alle entweder verlassten die Miliz, sich retirirend mit Unordnung, oder waren nach Art deren auf denen Zweigen sitzenden Vögeln allezeit bereit zum Flug. Nissa selbstens wolte der Hertzog denen Feinden frey lassen, weilen es ihme unmöglich schiene, solches zu erhalten. Jedoch die unversehene und scharffe Ordre des Veterani, welcher solches von vielen zerstreuten Soldaten vernommen, und daraus die Unbeständigkeit der Unsrigen abnahme, hielte die Vollziehung zurück.

[48r] Der Ordre folgte er auch baldt selber in Nissa nach, allwo als er von selbiger Besatzung und aus dieser Gegend einiges Corpo von Völckern nebst drey Canonen zusammen gezogen, begabe er sich den 9ten Juni [Januar] auf den Weeg gegen den Barbarn.

Mit dieser That eines Generalens, und gegen allen mit Worten der Unerschrockenheit heiterte er wiederumb aus die bestürtzte Gemüter der Kays[erlichen]. Zu gleicher Zeit expedirte er in alle Quartier und Besatzungen erschröckliche Befehl, dass nämlich jeder Officier und Soldat bey Straff und harten Todts alldort verbleiben solle, und so ihnen die Lebensmittel und Fourage abgiengen, zumahlen die Türcken und Tartarn die contribuirende Länder verbrannten undt verwüsteten, musste man dennoch auf einige Zeit aus der Noth eine Tugendt machen, undt sich mit Pferdfleisch nähren, und so es nöthig wäre, auch noch weiter fortschreiten.

Einem so grossen Übel ware allein ein Veterani capable zu remediren, denn es ware nöthig eine gantze Lieb, gantzer Respekt die Miliz gantz unerschrocken und resolut, hernach aber gantz leutseeligen Beobachter der Gerechtigkeit und Erhalter der Parole.

Er unterliesse nicht, während dass er marchirte, mehr zum Schein, als mit dem Vorhaben, den Feind zu sehen, oder zu bestreiten, schreiben zu lassen an alle diejenige Häubter, welche in dem Landt einige Authorität hatten, sie zu Continuation der Treue gegen den Kayser aufmunternd [49v] und ihnen versprechend eine baldige Erleichterung und Succurs wieder die Türcken.

In Wahrheit ich weiss nicht, ob der Nahmen des Veterani (welcher von denen Machometanern genugsamb bekandt und estimiret war) dieselbigen erschröckete, oder, ob es sein Glück ware. Ich werde allein sagen, dass diese grosse Vorbereitungen und Macht, welche sie einige Täg vorhero hatten, sich zerstreueten, und als der Geburth und Wachsthumb auch zugleich sterben, welche Sach dem Generaln Zeit gabe zu disponiren, undt alles in seinem Quartiern in Standt zu setzen, wie folget: In Nissa wolte er über das Strasserische Regiment annoch, das von Herberstein und halb Seran haben, den Überrest von Seran in Procopia unter den Befehl des Obristlieuten[an]ts deren Haydukhen, welcher allda sein ganzes Regiment hatte. In Pristina commandirte er den Hertzog von Hollstein, mit denen Regimentern von Apremont, Auesperg und selben der Dragonener von Hannover. Umb die besagten Besatzungen disponirte er die Quartier der Cuirassier Regimenter Styrien, Hannouer, Hollstein. In Priseren wolte er haben den Obristen Antonio mit seinen Ratzen, vielen Arnouten und 200 Musquetiren. Also beschlossen, machte er den Grundt deren Congristen auf das neue fundiren, und begabe sich ingleichen zurück aus dem Feldt, zumahlen er vernahme, dass solches die Ungläubigen gleichfalls [49r] verlassen hatten.

Man kan nicht glauben, wie sehr die Türcken in den Zaumb gehalten, da sie sahen, dass in einen Augenblick die fluchtende Teutschen ihre unerschrockene Stirn wieder entgegen kehrten und ihre vorige Quartier wieder einnahmen, ja sogar biss an die Gräntzen von Macedonien avancirten, und Caczianeck [Kaçanik], eine grosse Stadt, welche schon vor dem Todt des Ertzbischoffs von Albanien von denen Kays[erlichen] verlassen worden, wieder auf das neue occupirten und der Veterani suchte nicht allein Länder zu vereinigen und zu gewinnen an der Front sondern auch in Rücken und auf denen Seiten. Dahero erzeigte er nicht ordinari Höflichkeit denen Haubtleuten Pranisova undt Studeniza Obristen, Hauptleuten der Ratzen, und postirte sie gegen der Seiten von Jagodina, umb selbige Passagen zu versichern.

Als nun alles folge des Willens des Pralens geschehen und sehend alle Sachen gestillet, fertigte er einen Courier nacher Hoff ab, und kurtz hernach schickte er dahin einen Obristen, Grafen Seran, umb denselben von allem Nachricht zu geben.

Allhier schienet mir Zeit zu seyn, Servien einige Weile zu verlassen, umb wiederumb die Verrichtungen des Graffens Corbelli bey der Bloquirung von Grosswardein [Oradea] vor die Handt zu nehmen [...]

 

 

(1)
Giovanni Norberto Piccolomini (1650-1689).
(2)
Friedrich von Veterani (1630-1695).
(3)
Ludwig Wilhelm von Baden (1655-1707).
(4)
Christian von Holstein.
(5)
Pjetër Bogdani (ca. 1630-1689), ital. Pietro Bogdano – albanischer Schriftsteller und Kirchenfigur. Im Jahre 1656 wurde Bogdani Bischof von Shkodra und von 1677 bis zu seinem Tod diente er als ‘Erzbischof von Skopje und Administrator des Königreichs von Serbien’.
(6)
Prinz Karl Philipp von Hannover (1669-1690), Bruder des zukünftigen Königs George I von Großbritannien.
(7)
Topal Gazi Hüsein Pascha (reg. 1688, 1688-1689).

[Ausschnitt aus Annotationes und Reflexiones der gloriosen kayserlichen Waffen im Jahr 1689. im: Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv, Wien, AFA, Karton 195, 1689-13-1, fol. 32r-49r.]

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