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Robert Elsie

Texte und Dokumente zur albanischen Geschichte

   
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Archduke Franz Ferdinand of Austria-HuArchduke Franz Ferdinand of Austria-HuFerry at Bahçallëk near Shkodra, 1914 (Photo"Das Beweinen des Rexha" von Adem Kastrati.



"Das Beweinen des Rexha"
von Adem Kastrati.

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1913
Leo Freundlich:
Albaniens Golgatha:
Anklageakten gegen die Vernichter
des Albanervolkes

Das kleine Buch 'Albaniens Golgatha' ist im Wesentlichen eine Zusammenstellung von Presseberichten aus Kosova während der Balkankriege, 1912-1913. Das Osmanische Reich, das fünfhundert Jahre lang in Kosova herrschte, war im Begriff auseinander­zubrechen und sich aufzulösen. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen, die auf dem gesamten Balkan stattfanden, griffen serbische Truppen Kosova an und besetzten es für Serbien. Dabei versuchten sie, es - mit entsetzlichen Folgen - von seiner einheimischen, albanisch-sprachigen Bevölkerung zu säubern.

Leo Freundlich



Leo Freundlich



Leo Freundlich

Der Verfasser dieser bewegenden Schrift, Leo Freundlich (1875 - 1953), war ein Politiker und Publizist aus Wien. Bekannt ist, dass Freundlich in eine wohlhabende Fabrikanten-Familie jüdischer Herkunft im südpolnischen Bielitz-Biala (Bielsko-Biala) - damals Teil des österreichisch-ungarischen Kaiserreiches - geboren wurde und sehr früh eine Leidenschaft für die Ideale des Sozialismus entwickelte. Im tschechischen Aussig (Ústi nad Labem) war er als linker Redakteur tätig, wo er seine Frau, Emmy Kögler, Tochter des verstorbenen Bürgermeisters der Stadt, kennenlernte. Das Paar heiratete im schottischen Gretna Green in Jahre 1900 und ließ sich anschließend in Mährisch-Schönberg (Šumperk) nieder, das Leo im Jahre 1907 im Reichsrat vertrat. Emmy und Leo Freundlich, beide politisch sehr aktiv, nahmen an der Gründung des Konsumvereins teil und hielten öffentliche Vorträge, um Unterstützung für den Sozialismus zu wecken. Leo Freundlich wurde stolzer Verleger der erfolgreichen, linksgerichteten Zeitung 'Volkswacht,' in der seine Angriffe gegen die katholische Kirche ihm wiederholt Schwierigkeiten und auch einmal drei Wochen "strengen Arrest" einbrachten. Im Jahre 1910 kamen die Zeitung und der örtliche Konsum in finanzielle Schwierigkeiten, und nach der Niederlage der deutschen Sozialisten in Nordböhmen musste er im Jahre 1910 den Reichsrat verlassen. Das scheint die Ehe nicht verkraftet zu haben. Zusammen mit den beiden Töchtern Hertha (1901-1979) und Gertrud (1902-1985) ging Emmy Freundlich (1878-1948) nach Meran und ließ sich scheiden. Danach pflegte das Paar keinen Kontakt miteinander zu haben, obwohl Leo seine Kinder weiterhin besuchte. Mit ihren engen Beziehungen zu den führenden Sozialdemokraten um Karl Renner und zu internationalen Genossenschafterinnen in Wien wurde Emmy Freundlich zu einer bekannten Publizistin und Politikerin der österreichischen Genossen­schafts­bewegung. In den Jahren 1921-1948 war sie Präsidentin der internationalen genossenschaftlichen Frauengilde.

Nach der Veröffentlichung von 'Albaniens Golgatha' im Jahre 1913 diente Leo Freundlich im ersten Weltkrieg als Soldat im österreichisch-ungarischen Heer in Albanien. Nach Bekanntschaft mit Ahmet Zogu (1895-1961) in Wien, der sich später zum König der Albaner (1928-1939) ernennen ließ, trat Freundlich in dessen Dienst ein, und fungierte in der österreichischen Hauptstadt als Honorarkonsul des Königreich der Albaner. In dieser Eigenschaft half er in den dreißiger Jahren, die Handelsbeziehungen zwischen Albanien und dem Deutschen Reich zu fördern. Es wird berichtet, dass er dem ihm verhassten Hitlergruß mit einem ironischen "Heil Zogu" begegnete und sich dabei über die Verwirrung seiner deutschen Gesprächspartner amüsierte, die glaubten, dies sei eine in Albanien allgemein gültige Begrüßungsform.

Leo Freundlich, 1930s



Leo Freundlich, 1930er Jahre



Leo Freundlich,
1930er Jahre

Als das Leben für die Juden in Wien unerträglich wurde, zog es Freundlich in die Schweiz, wo er in Genf die albanische Mission beim Völkerbund leitete. Im Jahre 1939 flüchteten auch seine Töchter aus Wien und wurden vom Vater aufgenommen. Leo Freundlich, der ein zweites Mal geheiratet hatte, blieb während des Zweiten Weltkrieges in Genf, wo er verarmt lebte und von seinen Töchtern aus London und später aus Amerika finanziell unterstützt wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der kommunistischen Machtübernahme in Albanien weiß man noch, dass Freundlich einen Brief an den damaligen albanischen Ministerpräsidenten Koçi Xoxe (1917-1949) schrieb, mit der - wohl abgeschlagenen - Bitte, wieder zum Honorarkonsul in Wien ernannt zu werden.

 

 

Am östlichen Ufer der Adria, kaum drei Tagesreisen von Wien, lebt ein autochthones Volk, das seit Jahrhunderten gegen Feinde und Unterdrücker aller Art für seine Freiheit und Unabhängigkeit kämpft: die Albaner: Durch alle Kämpfe und alle historischen Umwälzungen hindurch hat dieses Volk seine Ursprünglichkeit bewahrt; weder die Völkerwanderung noch die Kämpfe mit Serben, Türken und anderen Eroberern und Unterdrückern vermochten zu verhindern, daß die Albaner in Rasse und Sprache, in Brauch und Sitte ihre Eigenart rein und unverfälscht sich erhalten haben.

Die Geschichte dieser Nation ist eine ununterbrochene Kette blutigster Kämpfe gegen gewalttätige Unterdrücker. Aber selbst die blutigsten Greuel waren nicht imstande, diese kräftige Rasse auszurotten. Und obgleich ihre Unterdrücker in Albanien jede Möglichkeit einer Kulturentwicklung im Keim erstickten, hat sich das Geistesleben der Albaner kräftig entwickelt. Dieses Volk gab dem Türkenreich die hervorragendsten Generäle und Staatsmänner, die besten Richter des osmanischen Reiches sind Albaner, wie die hervorragendsten Werke der türkischen Literatur von Albanern geschaffen wurden. Fast alle Kaufleute in Montenegro entstammen dieser Nation, ebenso die fähigsten Handelsleute in vielen größeren Städten Rumäniens. In Italien spielen die Albaner auf allen Gebieten eine bedeutende Rolle; u.a. war Crispi einer der ihren. Griechenlands tüchtigsten Soldaten sind albanischen Stammes.

In der großen Umwälzung, die der Balkankrieg hervorgerufen hat, soll nun endlich der uralte Traum der Freiheit und Unabhängigkeit dieses Volkes Wirklichkeit werden: die europäischen Großmächte haben beschlossen, Albanien die staatliche Autonomie zu geben.

Aber die serbische Eroberungssucht hat eine Methode gefunden, diesen schönen Traum eines tapferen und freiheitsliebenden Volkes kurz vor seiner Verwirklichung zu zerstören. Mit Mord und Brand sind die serbischen Truppen in Albanien eingefallen. Kann Albanien nicht erobert, so sollen die Albaner ausgerottet werden - das ist die Lösung!

 

* * *

Am 18. Oktober 1912 erließ König Peter von Serbien sein Manifest "An das serbische Volk", in dem er u.a. sagt:

 

"Die türkischen Regierungen haben auch gegenüber ihren Staatsbürgern Unverständnis für ihre Pflichten bewiesen und waren für alle Beschwerden und Vorstellungen taub. Es kam so weit, daß mit der Lage in der europäischen Türkei niemand mehr zufrieden war. Sie wurde den Serben, den Griechen und auch den Albanern unerträglich.

Ich habe deshalb in Gottes Namen meiner tapferen Armee befohlen, in den heiligen Kampf für die Freiheit unserer Brüder und für ein besseres Leben zu ziehen.

Meine Armee wird in Altserbien nebst den christlichen auch mohammedanische Serben antreffen, die uns ebenso teuer sind, und neben ihnen auch christliche und mohammedanische Albaner, mit denen unser Volk seit dreizehnhundert Jahren stets Freud und Leid teilt. Wir bringen ihnen allen Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit."

 

Seit diesem feierlichen Manifest ist noch kein halbes Jahr verflossen, und wie haben die Serben das Wort ihres Königs eingelöst?

Tausende und Abertausende ermordete und zu Tode gequälte Männer, Frauen, Greise und Kinder, verbrannte und geplünderte Dörfer, geschändete Frauen und Mädchen, ein verwüstetes, geplündertes, im Blute schwimmendes und geschändetes Land geben Antwort auf diese Frage.

Nicht als Befreier, als Mörder der Albaner sind die Serben nach Albanien gekommen. Auf der Londoner Botschafterunion wurde die Anregung gegeben, die Grenzen Albaniens nach einer nationalen oder konfessionellen Statistik zu bestimmen, die eine Kommission an Ort und Stelle zu erheben hätte. Die Serben haben sich beeilt, diese Statistik mit Maschinengewehren, mit Flinten und Bajonetten zu präparieren. Sie haben Greuel verübt, die unbeschreiblich sind. Die Empörung und das Entsetzen über diese Missetaten werden übertroffen von dem Gefühl tiefer Bedrückung, daß solche schauderhafte Untaten in Europa, unfern großer Kulturzentren, im zwanzigsten Jahrhundert möglich sind. Und noch schwerer wird dieses Gefühl durch die Tatsache, daß, trotzdem Berichterstatter aller Nationen seit Monaten von diesem entsetzlichen Taten erzählen, trotzdem Pierre Loti seine flammende Anklage in die Welt geworfen hat, nichts geschieht, um diesem entsetzlichen Morden ein Ende zu bereiten.

Ein tapferes, charaktervolles Volk wird vor aller Welt gekreuzigt, und Europa, das christliche, das zivilisierte Europa, schweigt dazu!

Zehntausende wehrlose Menschen werden niedergemetzelt, Frauen werden geschändet, Greise und Kinder erwürgt, Hunderte Dörfer niedergebrannt, Priester abgeschlachtet.

Und Europa schweigt!

Serbien und Montenegro sind ausgezogen, um fremdes Land zu erobern. Aber auf dem Land sitzt ein freiheitsliebendes, tapferes Volk, dessen Nacken trotz jahrhundertelanger Knechtschaft sich noch nicht gewöhnt hat, fremdes Joch zu tragen. So ist ganz offen die Lösung ausgegeben worden: Die Albaner müssen ausgerottet werden!

Eine verwilderte, entmenschte Soldateska hat diese Lösung in der fürchterlichsten Weise zur Wahrheit gemacht.

Ungezählte Dörfer werden dem Erdboden gleichgemacht, zahllose Menschen in tierischer Grausamkeit niedergemetzelt. Wo der Fleiß von Generationen den armen Albanern eine bescheidenen Heimat schuf, liegen rauchende Trümmerhaufen; ein ganzes Volk blutet am Kreuz - und Europa schweigt!

 

* * *

Die Aufgabe dieser Schrift ist, das Gewissen der europäischen Öffentlichkeit aufzurütteln. Die Berichte, die hier gesammelt sind, sind nur ein Bruchteil des vorhandenen Materials. Mehr als das, was sie enthalten, ist den europäischen Regierungen durch offizielle Konsularberichte, durch Publikationen der großen Presse bekannt.

Bisher haben die Regierungen geschwiegen.

Aber nun ist jedes weitere Schweigen gleichbedeutend mit Mitschuld.

Die Mächte müssen den tobenden Barbaren ein kategorisches "Hands off!" zurufen. Dem grausamen Vertilgungszug in Albanien muß schleunigst ein Ende bereitet werden. Und eine internationale Untersuchungs-kommission muß eingesetzt werden, um die furchtbaren Anklagen gegen die serbische Regierung zu untersuchen.

Vor allem aber müssen die serbisch-montenegrinischen Invasionstruppen unverzüglich die albanischen Gebiete verlassen und die griechische Blockade, die Albanien jede Lebensmittelzufuhr abschneidet, muß auf-gehoben werden.

Im Namen der Menschlichkeit, im Namen der Zivilisation, im Namen des unglücklichen albanischen Volkes rufe ich die Regierungen der Großmächte, rufe ich die gesamte europäische Öffentlichkeit an.

An die Öffentlichkeit Englands wende ich mich, an jene Nation, die zur Zeit der armenischen Greuel so mannhaft ihre Stimme für die Unterdrückten erhoben hat.

An die Publizität Frankreichs richte ich meinen Appell, Frankreichs, das so oft bewiesen hat, daß es Humanität und Menschenrechte zu wahren weiß.

Ein unglückliches Volk, das ein furchtbares Schicksal zu tragen hat, ruft von seinem Golgatha um Hilfe.

Wird Europa seinen Ruf hören?

 

Wien, am Ostersonntag 1913
Leo Freundlich

 

Die Albanesen müssen ausgerottet werden!

In Verbindung mit der Nachricht, daß in Prizrend 300 albanesische Ljumesen, die unbewaffnet angetroffen wurden, ohne Gerichtsverfahren erschossen worden sind, schreibt die Frankfurter Zeitung: In dem jetzigen Falle scheint reguläres serbisches Militär das Blutbad angerichtet zu haben. Aber auch wo man sonst die schlimmsten Metzeleien den irregulären Hilfstruppen überließ, haben diese ohne allen Zweifel unter vollständiger Duldung und nach dem Willen der serbischen Behörden gehandelt. Uns selbst gegenüber ist zu Beginn des Krieges von verantwortlicher serbischer Stelle aus offen erklärt worden: "Wir werden die Albanesen ausrotten." Nachdem allen europäischen Protesten gegenüber diese systematische Ausrottungspolitik unverändert fortgesetzt wird, scheint es uns Pflicht, die Absichten der Herren in Belgrad rücksichtslos bloßzulegen. Die Herren werden entrüstet leugnen in der Gewißheit, daß journalistischer Anstand uns hindert, Namen zu nennen. Aber es versteht sich von selbst, daß wir eine solche Mitteilung nicht machen würden, wenn wir nicht unbedingt an ihr festhalten könnten. Schließlich sprechen hier die Tatsachen lauter, als die offenherzigsten Geständnisse es tun könnten. Seitdem im vergangenen Herbst serbische Truppen die Grenze überschritten und Gebiete besetzt haben, die von Albanern bewohnt sind, hat ein Blutbad an das andere sich gereiht.

 

Ein Ausrottungskrieg

Professor Schiemann schrieb in einem in der Kreuzzeitung veröffentlichten Artikel: Ein außerordentlich betrübendes Bild geben allmählich, trotz der strengen Zensur der verbündeten Balkanstaaten und trotz des Druckes, der auf die Kriegskorrespondenten ausgeübt wird, die hierher gelangenden Privatbriefe vom Kriegsschauplatze, in welchen die Kriegsführung der Serben und Griechen geschildert wird. Die Serben, heißt es in dem Artikel, führen einen Ausrottungskrieg gegen die albanesische Nation, die sie am liebsten bis auf die Wurzel vernichten möchten.

Daily Chronicle meldet am 12. November 1912, es sei Tatsache, daß Tausende von Arnauten von den Serben massakriert wurden. In der Nähe von Üsküb wurden 2000 und unweit Prizrend 5000 mohammedanische Arnauten niedergemetzelt. Viele Dörfer sind von den Serben angezündet und die Bewohner abgeschlachtet worden. Bei den Hausdurchsuchungen nach Waffen wurden Albanesen, auch wenn man in deren Häusern keine Waffen vorfand, einfach getötet. Die Serben erklärten ganz offen, die mohammedanischen Albaner müßten ausgerottet werden, das sei das wirksamste Mittel zur Pazifizierung des Landes.

Der Kriegsberichterstatter des römischen Messaggero meldet furchtbare serbische Albanesengemetzel im Wilajet Kossowo. Infolge Widerstandes der Albanesen wurden die Ortschaften Ferisovic, Negotin, Lipian Babus und andere völlig zerstört, die Bewohner größtenteils niedergemacht. Ein katholischer Erzpriester erzählte, es sei drei Tage wütend um Ferisovic gekämpft worden, nach der Eroberung habe der serbische Kommandant die Geflüchteten auffordern lassen, ruhig zurückzukehren und die Waffen abzuliefern. Nachdem dies geschehen, seien drei- oder vierhundert Personen niedergemacht worden. In ganz Ferisovic sei nur ein halbes Dutzend muselmanischer Familien übriggeblieben. Die ärmeren serbischen Familien haben sich schleunigst in den Häusern der wohlhabenden Flüchtlinge eingenistet.

Die Pariser Humanité veröffentlicht einen offiziellen Bericht, der einem Konsulat in Salonichi erstattet wurde. Der Konsulatsbericht schildert die Tätigkeit der Serben in Albanien: Plünderungen, Zerstörungen, Massaker. Die Zahl der albanischen Ortschaften, die von den Serben vollständig oder zum Teil systematisch zerstört worden sind, beträgt einunddreißig. Die von Kristo von Kumanovo, Ssiro Diliow von Üsküb, Alexandrowos von Ischtip und andere geführten Banden plünderten alle Ortschaften der Distrikte Kratowo und Kotschana, steckten sie in Brand und metzelten die ganze mohammedanische Bevölkerung nieder. In Schujowo und Mescheli wurden alle Mohammedaner massakriert, weitere zweihundert in Vétreni. In Bodganitza wurden sechzig Türken in einer Moschee eingesperrt. Nachher ließ man sie heraustreten und machte einen nach dem anderen nieder. Im Distrikt von Kawadar wurden von insgesamt achtundneunzig Dörfern vierunddreißig zerstört. Die Türken, die sich zum Teil durch ein an eine Bande gezahltes Lösegeld gerettet glaubten, wurden von einer anderen Bande niedergemacht. In Drenewo wurden alle Bewohner getötet. Zwischen diesem Orte und Palikura hat man eine Reihe Gräber gefunden, aus denen Köpfe hervorragten. Sie gehören zu den Gemarterten, die lebendig begraben worden sind! Menschenjagden.

 

Menschenjagden

Der Kriegskorrespondent der dänischen Zeitung Riget, Fritz Magnussen, ein sonst serbenfreundlich gesinnter Mann, schildert folgendermaßen in einem Telegramme, das er, um der strengen Zensur zu entgehen, mit einem besonderen Kurier von Üsküb nach Semlin gesandt, das Vorgehen der Serben unter der arnautischen Bevölkerung:

 

"Die serbische Kriegsführung in Mazedonien hat den Charakter einer entsetzlichen Massakrierung der arnautischen Bevölkerung angenommen, das Heer führt einen greulichen Ausrottungskrieg. Nach Aussage der Offiziere und Soldaten sind zwischen Kumanovo und Üsküb 300 und bei Pristina 5000 Arnauten gemordet worden. Die arnautischen Dörfer werden umringt und in Brand gesteckt, worauf die Einwohner aus den Häusern gejagt und wie Ratten niedergeschossen werden. Von dieser Menschenjagd erzählt das serbische Militär ganz prahlerisch.

Die Verhältnisse in Üsküb sind ganz entsetzlich. Bei den Arnauten wird eine rücksichtslose Hausuntersuchung angeordnet und wenn man etwas findet, was Waffen gleicht, werden sie auf der Stelle niedergeschossen. Es ist höchst unsicher auf den Straßen, da ständig aus den Häusern und in die Häuser geschossen wird.

Gestern wurden 36 Arnauten von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und auf der Stelle erschossen. Kein Tag vergeht, ohne daß grausame Morde an den Arnauten verübt werden. Der Fluß weiter hinauf ist mit Leichen angefüllt. Jeden Tag werden Jagdexpeditionen in die umliegenden Dörfer veranstaltet. Gestern lud mich ein serbischer Offizier ein, an einer solchen Jagd teilzunehmen, indem er zu gleicher Zeit damit prahlte, daß er am Tage vorher eigenhändig neun Arnauten ermordet."

 

* * *

Von einer Persönlichkeit, deren Name und hervorragende Stellung für jedes gewissenhafte Blatt als Gewähr für die Authentizität deren Mitteilungen erscheinen müssen, erhält die Reichspost ein Dossier über die furchtbaren Greuel, die von serbischen Banden und regulären Truppen in Albanien verübt wurden.

In diesem Dossier befinden sich folgende Berichte:

 

"Die Stadt Üsküb und ihre Umgebung sind Zeugen der Unmenschlichkeiten, die gegen die Albanesen begangen wurden. Ich sah tagelang die Treibjagden, die von serbischen bewaffneten Banden und auch regulären Truppen nach Albanesen veranstaltet wurden; drei Tage sah ich nachts die Flammen der brennenden Dörfer den Himmel röten; fünf Dörfer in der nächsten Nähe von Üsküb lagen auch nach dieser Schreckenszeit in Ruinen, ihre Bevölkerung war fast ausnahmslos getötet, obwohl in der Umgebung von Üsküb seitens der Albanesen den einmarschierenden Serben kein bewaffneter Widerstand entgegengesetzt worden war. Hinter der Festung von Üsküb befindet sich eine Felsenschlucht, die heute noch mit Leichen von mehr als hundert Opfern dieser Verfolgung gefüllt ist. Ebenso liegen in der Schlucht von Vistala Voda in der Nähe der Stadt Üsküb 80 Albanesen. Kurz nach dem Einzuge besuchte ein zuverlässiger Gewährsmann, mit dem ich selbst gesprochen habe, das Spital von Üsküb und fand dort bei seinem ersten Besuche 132 albanesische Verwundete; am nächsten Tage traf er deren nur mehr 80 und einige Tage später nur mehr 30. Die Behandlung, die man den verwundeten Albanesen zuteil werden ließ, spottete aller Menschlichkeit, man verweigerte ihnen Speise und Trank, so daß einige der Verwundeten nach den Aussagen von Zeugen im Spitale an mangelhafte Nahrung umgekommen sind. Viele Leichen, und wie die Bevölkerung behauptet, auch die Körper der Verwundeten, in denen noch Laben war, warf man in den Vardar, der täglich zwanzig bis dreißig Leichen eine Strecke unterhalb der Stadt anschwemmte. In meinem Hotel in Üsküb wohnten mehrere serbische Komitatschi, die von ihren Raub- und Menschenjagden ruhmredig öffentlich im Hause erzählten, namentlich wenn ihnen der Wein die Zunge gelöst hatte. Eines Abends erschossen sie auf offener Straße in Üsküb zwei Albanesen, die unbewaffnet waren und harmlos ihres Weges gingen. Die beiden Mörder, die kurz nach der Tat im Hotel erschienen und sich dort betranken, blieben von den militärischen Behörden unbelästigt, obwohl jedermann in der Stadt sie als Täter kannte. Eine blutige Szene ereignete sich an der Vardarbrücke in der Stadt. Hier wurden drei Albanesen, die in die Stadt wollten, um Einkäufe zu machen, von serbischen Soldaten angefallen und ohne weiteres, ohne Gericht und Verhör, niedergemacht. Da das Anlagen von Gräbern den Soldaten Mühe zu bereiten schien, weil die Erde gefroren ist, so warf man viele Getötete einfach in Zisternen. Ihr Gewährsmann zählte 38 Zisternen in der Gegend von Üsküb, die mit albanesischen Leichen angeschüttet sind. - Die nationale Verfolgung verbindet sich mit Banditentum. Ich war selbst Zeuge, wie ein serbischer Soldat, der zwei Uhren vorzeigte, und 150 türkische Pfund, die er bereits erbeutet hatte, als er einen wohlgekleideten Albanesen vorbeigehen sah, mit aufrichtigem Bedauern in Üsküb erklärte: "Schade, daß so viel Leute hier sind! Ich gäbe ihm sonst eine Kugel!" Der Albanese gilt als Freiwild, das kein Gesetz und keine Gerichtsbarkeit schützt. Nicht wenige Ausschreitungen wurden allerdings auch im Rausche begangen und die betrunkenen Banden von Soldaten, die umherzogen und in die Häuser einbrachen, waren die furchtbarsten.

Da ich das Serbische vollständig beherrsche, hielten mich serbische Offiziere und Soldaten häufig für einen Konnationalen und so erzählte mir ein serbischer Soldat im Tone der Prahlerei, wie sie bei Kumanovo ein albanesisches Dort stürmten: "Viele der Einwohner, die nicht mehr zu flüchten vermochten, hatten sich auf den Dachböden ihrer Häuser versteckt. Wir haben sie ausgeräuchert und wenn die Hütten brannten, kamen sie schreiend und fluchend und um Gnade wimmernd wie die Maulwürfe aus ihren Gängen. Wir haben sie an den Türen erschossen; nur bei den Kindern sparten wir die Kugeln und taten es mit dem Bajonette. Wir haben das Dorf ausgerottet, weil aus einem Hause, das die weiße Fahne hatte, geschossen worden war." - Die militärischen Behörden haben diesen Blutbädern nirgends gewehrt, viele Offiziere waren an den Atrozitäten beteiligt und es gab keinen Serben, der nicht in der Überzeugung gehandelt hätte, bei diesen Unmenschlichkeiten ein verdienstliches, von seinen Vorgesetzten gewolltes Werk zu vollbringen."

 

* * *

In Kalkandele wurden 85 Albanesen, so wie man sie fand, ohne daß ein bewaffneter Widerstand vorausgegangen wäre, in ihren Häusern niedergemacht und die Ortschaft geplündert. Die Schandtaten, die an Frauen und Mädchen, selbst an zwölfjährigen Kindern, begangen wurden, sind nicht zu schildern; vielleicht war es der Gipfel der Scheußlichkeit, daß Soldaten mit vorgehaltenen Revolvern Väter und Gatten zwangen, Zeuge zu sein und zu leuchten, wenn die Rotten in den Häusern ihre Untaten an den Töchtern und Frauen der Überfallenen begingen. In Gostivar rettete sich die Stadt dadurch, daß sie sich von dem serbischen Kommandanten mit 200 türkischen Pfunden loskaufte. Hier wurden nur 6 Albanesen erschossen.

In Ferisovic kam es zum Unterschied von den bisher genannten Orten zu einem organisierten bewaffneten Widerstande der Albanesen. Es wurde hier 24 Stunden lang gekämpft; hier geschah es, daß eine albanesische Frau, der man den Gatten getötet hatte, dessen Gewehr ergriff und fünf Serben niederschoß, bevor sie selbst getötet wurde. Dem Gemetzel in Ferizovic fielen mehr als 1200 Albanesen zum Opfer. Die Stadt ist heute beinahe ohne Einwohnerschaft. Es leben hier nur mehr drei albanesische Mohammedaner, die über 15 Jahre alt sind. Auch in Gillane, wo die Albanesen sich nicht verteidigten, fiel fast die ganze Bevölkerung durch Feuer und Schwert. Nur einige Flüchtlinge blieben als Überlebende, und von den Greueln des Unterganges von Gillane erzählen nur mehr die Ruinen.

In Pristina regierte die serbische Okkupation noch blutiger. Die Albanesen schätzen die Zahl ihrer Toten hier auf 5000. Es muß zu Ehren der Gerechtigkeit gesagt werden, daß hier tatsächlich ein schwerer Mißbrauch der Parlamentärfahne vorkam; es eröffneten hier türkische Offiziere, nachdem die weiße Fahne schon gezeigt worden war, auf die serbischen Truppen plötzlich das Feuer, offenbar in der Absicht, die Waffenstillstandsverhandlungen der Albanesen dadurch zu vereiteln. Die Tat büßten Hunderte albanesischer Familien mit ihrer Vernichtung bis zum jüngsten Kinde in der Wiege.

In dem Dorfe Leskovac bei Ferisovic wurden acht unbewaffnete Albanesen von serbischen Soldaten angetroffen und sofort füsiliert.

 

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Die Stadt Prizrend leistet dem Einmarsche der Serben keinen Widerstand und dennoch floß auch hier das Blut in Strömen, so daß Prizrend heute nach Pristina die am schwersten heimgesuchte Stadt Albaniens ist. Die heimische Bevölkerung nennt sie traurig das "Königin des Todes". Hier hausten die serbischen Banden am ärgsten. Sie drangen in die Häuser, schlugen nieder, was ihnen in den Weg kam, gleichgültig welchen Alters und Geschlechtes. Tagelang blieben die Getöteten in den Straßen unbeerdigt liegen, da die serbischen Sieger anderweitig beschäftigt waren und die überlebende albanesische Bevölkerung sich nicht aus ihren Häusern wagen durfte. Jede Nacht erneuerten sich in der Stadt und Umgebung die Überfälle. Bei 400 Albanesen fielen schon in den ersten Tagen nach dem Einmarsche der Serben. Trotzdem zwang der Kommandant General Jankovic die Notabeln und Stammesführer von Prizrend mit dem Revolver in der Hand, eine Dankeskundgebung an König Peter für die "Befreiung durch das serbische Heer" zu unterschreiben. Als dann die serbischen Truppen den Vormarsch gegen Westen antraten und keine Pferde für den Transport ihrer Lasten zu beschaffen vermochten, requirierte man 200 Albanesen, denen man Lasten zu 50 und 60 Kilo auflud, um sie dann noch in der Nacht auf grundlosen schlechten Wegen sieben Stunden weit in das Gebiet der Ljuma zu treiben. Als die unglückliche Schar ganz gebrochen und in einem schrecklichen Zustande infolge der übermenschlichen Ermattung und der erlittenen Mißhandlungen an ihrem Ziele anlangte, drückte sogar der dortige serbische Kommandant über diese Art des Vorganges seine Mißbilligung aus.

Eine Frau aus Fandi, namens Dila, kam mit ihrem Sohne, einem anderen Verwandten und zwei Männern des Dorfes Gjugja nach Prizrend, um Einkäufe für die Ausstattung ihrer Tochter zu verrichten. Bevor sie Prizrend verließ, bewarb sie sich um einen Passierschein für sich und ihre Begleitung in der Kommandantur des General Jankovic, um unbelästigt die serbischen Posten passieren zu können. Sie erhielt den Paß. Als die fünf Personen in Suni, ungefähr viel Stunden von Prizrend ankamen, wurden die Leute ihres Eigentumes beraubt, die vier Männer gebunden und in eine Grube geworfen. Die Soldaten erschossen dann die Unglücklichen vom Rande der Grube aus. Die verzweifelte Mutter, die Zeugin dieser Szene war, schrie nach ihrem Sohne und als sie sah, daß er sich nicht mehr rege und getötet sei, warf sie sich vor den Soldaten in die Knie und flehte sie an, auch sie zu töten. Man band sie an einen Baum und als auf den Lärm der Schüsse Offiziere herankamen, zeigten die Soldaten ein auseinandergebrochenes Brot, das sie der Frau abgenommen und in welches sie zwei Mauserpatronen gepreßt hatten und zeigten dies als Beweis, daß die Männer in dem Brote Munition zu schmuggeln versuchten. Darauf ließen die Offiziere sie weiter gewähren. Die unglückliche Frau blieb im Angesichte der Grube, in der ihr erschossener Sohn lag, von Montag nachmittag bis Mittwoch ununterbrochen an den Baum gebunden; am Mittwoch trieb man die durch Hunger und die Kälte der Spätherbstnächte fast völlig Erschöpfte nach Prizrend zurück, wo sie Mittwoch nachts ankam. Dort sperrte man sie abermals ein und führte sie am nächsten Tage zur Kommandantur. Trotzdem General Jankovic erkennen mußte, daß eine Unschuldige vor ihm stehe, wurde die bedauernswerte Frau noch nicht freigegeben, sondern im Hause des serbischen Bischofes noch bis zum nächsten Tage gefangengesetzt. Dann erst wurde sie den Katholiken übergeben und in die Kirche gebracht, wo man die Unglückliche labte.

In Prizrend lebte der Bäcker Gioni i Prek Palit, der für die serbischen Truppen Brot zu liefern hatte. Eines Tages kam zu ihm ein Proviantunteroffizier und ließ bei ihm, da er bald darauf wiederkommen wollte, sein Gewehr hängen. Einige Soldaten, die zufällig darauf in der Bäckerei eintraten, sahen das Gewehr und nahmen den Bäcker gefangen, da er sich gegen das Waffenverbot vergangen habe. Er wurde sofort vor das Kriegsgericht geführt und erschossen.

Als der Bruder des Bäckers, Gini, von der Verhaftung hörte, lief er sofort zu dem Unteroffizier und führte diesen zur Feldgendarmerie, wo jener auch bezeugte, jenes Mausergewehr sei das seine gewesen, das er nur für kurze Zeit bei dem Bäcker gelassen; er gab auch richtig die Nummer an, die das Gewehr trage und als das seine erkennen lasse. Gini und der serbische Zeuge wurden mit Schlägen fortgejagt. Über seinen verhafteten Bruder vermochte Gini nichts zu erfahren. Nach zehn Tagen fand die unglückliche Mutter des Erschossenen, die Tag und Nacht nach ihrem Sohne suchte, den sie noch am Leben glaubte, die Leiche eine Viertelstunde außerhalb der Stadt. Sie bat darum, ihr die Leiche zu überlassen, damit sie dieser ein christliches Begräbnis zuteil werden lassen könne. Es wurde ihr verweigert. Darauf hin erschien der katholische Pfarrer vor dem Kommandanten und bat im Namen der Freiheit der Religion um die Erlaubnis, die Leichte auf dem katholischen Friedhofe zu begraben. Es wurde ihm dies verweigert und nur gestattet, die Leiche, wo sie lag, zu begraben.

Auch Offiziere beteiligten sich an den Grausamkeiten und es geschah in Prizrend, daß ein Soldat, der vergeblich um Schuhe oder Opanken bei seinem Monturoffizier bat, von einem Offizier angewiesen wurde, er solle doch dem nächsten Albanesen, an dem er gute Opanken sehe, abnehmen, was er brauche - wozu habe er denn sei Gewehr! Und der Offizier wies auf seine Opanken, die er auch so erworben habe.

 

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In der Umgebung von Prizrend wurden drei albanesische Dörfer vollständig zerstört, dreißig Gemeindevertreter aus der Umgebung sind getötet. Man beschuldigte sie, daß sie "österreichisch gesinnt" seien. In einer dieser Gemeinden geschah es, daß Soldaten die albanesischen Frauen aus den Häusern trieben, sie zusammenbanden und in Reihe zu tanzen zwangen. Dann eröffneten sie ein Gewehrfeuer auf die Gefesselten und vergnügten sich daran, wie eines der wehrlosen Opfer nach dem anderen blutend zusammenstürzte.

Als dem General Jankovic gemeldet wurde, daß der Stamm der Ljumesen dem Durchmarsch der serbischen Truppen gegen die Adria Hindernisse zu bereiten sich anschicke, ordnete er an, mit rücksichtsloser Strenge vorzugehen. Im Gebiete von Ljuma wurden 27 Dörfer ganz zerstört und die Bevölkerung bis zu den Kindern herab getötet. Hier ereignete sich die furchtbarsten Scheußlichkeiten, die der serbische Vernichtungskrieg gegen die Albanesen kennt. Hier geschah es buchstäblich, daß Frauen und Kinder mit Stroh umwickelt und vor den Augen ihrer gefesselten Männer und Väter verbrannt wurden. Frauen, die in gesegneten Umständen waren, wurden in scheußlicher Weise zerfleischt und das Ungeborene auf Bajonette gesteckt. Mein Gewährsmann, ein hochachtbarer, durchaus zuverlässiger Mann, fügte seinem Berichte zu: "Es ist das alles nicht zu denken und doch wahr!" 400 Männer aus Ljuma, die sich freiwillig ergaben, wurden nach Prizrend gebracht und in Gruppen von 40 bis 60 täglich erschossen. Es finden hier noch täglich ähnliche Exekutionen statt. In der Umgegend von Prizrend liegen noch heute Hunderte von Leichen unbeerdigt. Auch Djakova ist fast ganz zerstört und seine Bevölkerung dezimiert.

In Tertenik wurden 60 Albanesen getötet, in Smira 32, in Ferban 20, in Ljubista 19, in Kameno Glava, das bei 50 Familien zählte, sind sämtliche Männer ausnahmslos getötet. In letzterem Orte zwang man die Männer, anzutreten, dann militärisch zu salutieren, dann wurden sie gebunden und ohne Kriegsgericht erschossen. Auch in Presevo gibt es nur wenig Überlebende.

Im Wilajet Kossovo schätzt man, ohne daß man diese Zahl als übertrieben bezeichnen dürfte, die Zahl der getöteten Albanesen auf 25.000.

 

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Die Albanische Korrespondenz meldet am 20. März 1913: Aus verläßlicher albanischer Quelle erhalten wir folgenden Bericht aus Üsküb: In der Umgebung von Üsküb begehen serbische Truppen und Komitatschis himmelschreiende Greueltaten an der Bevölkerung der von ihnen besetzten Gebiete. In hiesigen europäischen Kreisen haben insbesondere folgende, verläßlichst festgestellte Vorfälle Entsetzen erregt: Ende Februar kam serbisches Militär in das Dorf Schaschare. Nachdem alle Männer und Knaben des Ortes entfernt worden waren, vergewaltigten die Soldaten die Frauen und Mädchen des Dorfes. Dasselbe schändliche Verfahren übten serbische Soldaten im Dorfe Letnica. Es sei besonders hervorgehoben, daß sowohl Schaschare als auch Letnica eine reinslawische und katholische Bevölkerung haben. Die namenlose Verwilderung der serbischen Truppen macht also nicht einmal vor christlichen Stammesgenossen Halt. Schaschare ist eine Ansiedlung von über hundert Familien.

Noch furchtbarer hausen die verwildeten Truppen in anderen Gegenden. In neunundzwanzig Dörfern des Kara Dag wurden 280 Gehöfte von muselmanischen Albanern niedergebrannt und alle männlichen Einwohner, die nicht rechtzeitig die Flucht ergriffen, fielen unter den Kugeln und den Bajonetten der Soldaten. Wie die Hunnen toben die Serben von Dorf zu Dorf. Die Dörfer Trstenik , Senica, Vrban, Ljubista und Giulekar waren der Schauplatz eines entsetzlichen Blutbades. 238 Männer wurden hier erbarmungslos hingeschlachtet. In Sefer wurde eine alte Frau gemeinsam mit ihrem katholischen Diener lebendig verbrannt. Das Elend der Bevölkerung ist unermeßlich. Im Dorfe Ljubista ist das Elend bis zu dem Grade gestiegen, daß muselmanische Albanerfrauen sich an überlebende sich an überlebende Mohammedaner um 400 Piaster als Eigentum und gewissermaßen als Sklavinnen verkaufen. In diesem Dorf haben die Serben einen Mann, eine alte Frau und zwei Kinder lebend verbrannt. In Giulekar wurde einer schwangeren Frau mit dem Bajonett der Bauch aufgeschlitzt und ihr die Leibesfrucht herausgerissen. In Presta erschoß eine muselmanische Frau, deren Mann man weggeführt hatte, fünf serbische Soldaten. Die Serben setzten darauf das ganze Dorf - 90 Gehöfte - in Brand und ließen es in Flammen aufgehen.

Die Serben verheeren ganze Gegenden und schlachten die Bewohner ab. Ihr Wüten richtet sich in gleicher Weise gegen Muslims und Katholiken. Die überlebende Bevölkerung befindet sich in namenlosem Elend und Verzweiflung.

In einem Bericht des Deutschen Volksblatt vom 19. Februar 1913 heißt es: "Nur wenige Dörfer und Ortschaften (der von ihnen besetzten Gegenden) sind als von den Serben gänzlich verschont zu betrachten und nur zu viele Albanesen gibt es, die den Tod der Frau und der Kinder zu rächen haben. Als nun in den Städten der Befehl ausgegeben wurde, die Waffen unverzüglich auszuliefern, waren es nur sehr, sehr wenige, die diesem Befehl Folge leisteten; die meisten verbargen die Waffen im Hause oder sie flüchteten damit, denn lieber trennt sich der Albanese von seinem ganzen Gute als von seinem Gewehr. Um nun dem Befehle Nachdruck zu geben, wurden Patrouillen in die Häuser gesendet, die eine Hausdurchsuchung vornahmen, und wehe dem, bei dem Waffen gefunden wurden. Nur einige Stunden später hatte das Kriegsgericht über ihn entschieden. Ein eklatanter Fall spielte sich in Tirana ab. Serbische Soldaten kamen zu einem dortigen Kaufmanne und nahmen allerlei Sachen. Als es zum Zahlen kam, war kein Geld vorhanden, weshalb ein Soldat dem Kaufmanne kurzerhand sein Gewehr als Pfand ließ. Später in Angst über Tat, ging der Soldat zum betreffenden Kommandanten und erstattete die Anzeige, daß ihm der Kaufmann sein Gewehr abgenommen habe. Bald darauf erschien eine Patrouille bei dem Albanesen, fand das Gewehr bei ihm, führte ich vor das Kriegsgericht und trotz seiner Beteuerungen, das Gewehr ja nur als Pfand genommen zu haben, wurde er erschossen.

Ein Albanese im Dorfe Zala nördlich von Kruja hatte einen Serben, der in seiner Hütte eingedrungen war und sich an seiner Frau vergriff, erschossen und floh. Als später die Serben an den Tatort kamen und den Täter nicht mehr vorfanden, wurden - es ist dies leider traurige Wahrheit - sämtliche Bewohner, über 100 Personen, einschließlich Weiber und Kinder, hingemordet und das Dorf angezündet."

 

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Serbische Blutgier

Der Spezialkorrespondent des Daily Telegraph berichtet: "Alle schrecklichen Verfolgungen der Weltgeschichte sind überholt durch das entsetzliche Vorgehen der Truppen des Generals Jankovic. Während ihres Marsches durch Albanien haben die Serben nicht allein die bewaffneten Albaner verräterisch ermordet und hingerichtet; in ihrer schrecklichen Wildheit mordeten sie wehrlose Leute, Greise, Weiber, Kinder und selbst Säuglinge an den Brüsten ihrer Mütter.

Die serbischen Offiziere haben in ihrer Siegestrunkenheit die Losung ausgegeben, daß die wirksamste Art, Albanien zu pazifizieren, die völlige Ausrottung der Albaner sei. Zwischen Kumanovo und Üsküb haben sie gegen 3000 Menschen hingeschlachtet; in der Nähe von Prischtina fielen allein 5000 Albaner unter den Streichen der Serben. Sie fielen nicht in einer ehrlichen Schlacht, sondern in einer Serie schrecklicher Morde und die serbischen Soldaten haben neue Greuelmethoden erfunden, um ihre Blutgier zu stillen. In mehreren Dörfern wurden die Häuser angezündet und die unglücklichen Bewohner wie Ratten niedergeschlagen, als sie sich aus den Flammen retten wollten. Die Männer wurden vor den Augen ihrer Frauen und Kinder getötet, hierauf wurden die unglückseligen Mütter gezwungen, dem Schauspiel der Massakrierung ihrer Kinder beizuwohnen, die man buchstäblich in Stücke hieb.

Hinrichtungen waren die tägliche Unterhaltung der serbischen Soldaten. Alle Einwohner, in deren Häusern Waffen gefunden wurden, wurden hingerichtet (Bekanntlich trägt jeder Albaner Waffen. Der Herausgeber.). Man erschoß oder hängte sie auf. An einem Tag gab es bis 36 Exekutionen. Es ist bemerkenswert, daß die in Ungarn wohnenden serbischen Nationalisten über die Massakers in Albanien empört sind. Ein früherer Sekretär des serbischen Premierministers, Pasic, Herr Tomic, erzählt, daß er auf seiner Reise von Prizrend nach Ipek auf beiden Seiten der Straße nur verbrannte Dörfer gesehen hat, die dem Erdboden gleichgemacht waren.

Die Wege waren besät mit Galgen, auf welchen Körper von Albanern hingen. Die Straße von Diakowitza hatte das Aussehen eines "Boulevards der Galgen".

Sogar in Belgrad erscheinende Blätter erzählten ohne Scham von schauderhaften Greueltaten der Serben. Als das Regiment des Obersten Osbic in Prizrend einmarschierte, rief dieser seinen Leuten zu. "Tötet!" Die Belgrader Blätter erzählen, als dieser Befehl gegeben war, "warfen sich die serbischen Soldaten in die Häuser und töteten jedes Wesen, das ihnen in die Hand fiel".

Daily Telegraph berichtet dann nach einer verbürgten Schilderung eines albanischen Notablen: Wer einen Albaner den Serben denunziert, ist sicher, daß jener hingerichtet wird. Es gab Menschen, die mohammedanischen Albanern Geld schuldig waren. Sie gingen hin und denunzierten ihre Gläubiger den Serben als Verräter. Man hängte unverzüglich die unglücklichen Albaner und der Angeber fand die Mittel, Haus und Feld seines Opfers um einen lächerlichen Preis zu kaufen.

In Üsküb wurden unbewaffnete Albaner von den serbischen Offizieren einfach getötet. Wenn man nur ein Jagdmesser in einem Hause fand, wurde sein Eigentümer getötet.

In Ferisowitsch hatte der serbische Kommandant die Flüchtlinge eingeladen, zurückzukehren und die Waffen abzuliefern. Aber als das mehr als vierhundert taten, wurden sie ermordet. In ganz Ferisowitsch wurden kaum ein Dutzend mohammedanische Familien am Leben gelassen. Der Kriegsberichterstatter des Messaggero bestätigt diese Schilderung.

In Pana töteten die Serben ihre Gefangenen, in Varos und in Prischtina wurde die Bevölkerung buchstäblich dezimiert. Die serbischen Offiziere sagten selbst, daß sie auf der "Jagd" nach Albanern sind, und ein serbischer Offizier rühmte sich, an einem Tag allein mit eigener Hand neun Albaner getötet zu haben.

Ein Arzt vom "Roten Kreuz" erzählte nach derselben Quelle: Überall in Albanien haben die Serben ohne Gnade gemordet. Weder Frauen noch Kinder und Greise wurden geschont. Ich habe in Alt-Serbien jeden Tag brennende Dörfer gesehen. Bei Kratons ließ General Stefanovic Hunderte Gefangenen in zwei Glieder formieren und sie mit Maschinengewehren niederknallen. Der General Zivkovic ließ bei Sienitza 850 albanische Notable umbringen, weil sie Widerstand gezeigt hatten.

Die Albanische Korrespondenz meldet am 12. März aus Triest: Auf dem Albanerkongresse wurde auch ein Brief aus Kroja bei Durazzo verlesen, der vom 27. Februar d. J. datiert ist und in dem es u. a. heißt: Die ganzen Gebäude und die Villa Mashar-Beys und Fuad-Beys (Anmerkung: Beide nehmen am Kongresse teil) sind niedergebrannt. Ali Lam Osmanis Bruder in Vignola bei Kruja wurde von den Serben lebend bis an die Hüften in die Erde vergraben und dann niedergeschossen. Der Brief schließt mit den Worten: Wir werden uns nicht mehr sehen. Auf Wiedersehen in der anderen Welt!

 

Die Serben plündern!

Ahmed Djevad, der Sekretär des Comitée de Publication D. A. C. B., berichtet nach der Aussage verschiedener Augenzeugen:

 

"In Strumitza wurde von den Serben unerhört gestohlen und geraubt. Der Major Iwan Gribic, Kommandant des vierten Bataillons des 14. serbischen Linienregiments, expedierte allein 80 mit Möbeln und Teppichen beladene Karren nach Serbien. Alle jungen Mädchen und Frauen von Strumitza wurden geschändet und gewaltsam getauft. Der Rest der unglückseligen muselmanischen Bevölkerung stirbt vor Hunger, vor Elend, vor Krankheit ..."

 

Der Albanischen Korrespondenz wurde am 21. März 1913 aus Triest berichtet: Die Not in Albanien hat einen furchtbaren Höhegrad erreicht. Die serbischen Truppen, die zuerst Durazzo besetzt haben, wurden, ohne von ihrer Intendanz mit Proviant- und Futtervorräten versehen zu sein, ins Land geworfen. Sie waren daher vollkommen auf die Requisitionen angewiesen, die sie mit außerordentlicher Härte durchführten. Von allen vorhandenen Vorräten nahmen sie neun Zehntel an sich; dabei verweigerten sie die Ausfolgung von Bestätigungen über die requirierten Vorräte.

Aber nicht nur für ihren Bedarf requirierten die serbischen Truppen. Was ihnen an Lebensmittel in die Hand fiel, wurde weggenommen oder vernichtet. Alte Olivenbäume, die noch zur Zeit der venezianischen Herrschaft gepflanzt worden waren und ihre Besitzer ernährten, wurden von den Serben gefällt, trächtiges Vieh umgebracht. Kein Schaf, kein Huhn, kein Oka Mais, dessen die Serben habhaft werden konnten, blieb unberührt. Es ist von ihnen auch Raub und Plünderung in ausgedehntem Maße betrieben worden. Die Serben haben in Durazzo große Mengen von Teppichen und anderen geraubten Gütern nach Saloniki eingeschifft, von wo sie nach Belgrad befördert wurden. Sogar altertümliche Bänke aus dem Regierungsgebäude in Durazzo haben sie sich angeeignet und in ihre Beuteschiffe verladen.

Fazil Toptani Pascha, dem wir diesen Bericht zur Prüfung vorgelegt haben, erklärt: Es ist alles wahr, was dieser Bericht enthält. Aber diese Tatsachen sind nur ein geringer Bruchteil von all dem Entsetzlichen, was diese Barbaren in unserem Vaterlande an Scheußlichkeiten verbrochen haben. Sie sind mit Mord, Raub und Brand in Albanien eingebrochen und haben Verwüstungen angerichtet, von deren Entsetzlichkeit kein Mensch sich eine Vorstellung machen kann.

Derwisch Hima erklärte uns: Sagen Sie der Öffentlichkeit, daß ein großer Teil des albanischen Volkes vom Hungertod bedroht ist. Die Zeit des Frühjahrsanbaues ist da; aber das Saatkorn hat der Serbe geraubt. Selbst wenn die Albaner Saatkorn hätten, würden sie nichts anbauen. Denn das Volk sagt: Wenn etwas wachsen würde, würde es der Serbe vernichten. In solcher Angst vor den Serben leben die Leute! Massenmord.

 

Massenmord

Im Bukarester Adeverul vom 6. Januar 1913 berichtet ein rumänischer Arzt, Dr. Leonte, daß das, was er an Grausamkeiten von seiten der serbischen Armee erlebte, die grauenvollsten Erwartungen bei weitem übertroffen hätte. Daß Hunderte gefangengenommene Moslims hundert Kilometer weit gehetzt wurden, wäre für diese Unglücklichen noch das geringste Unheil gewesen. Wenn aber einer dieser Erbarmungswürdigen infolge Erschöpfung und aus Hunger zusammenbrach, wurde er einfach von dem nächstbesten Soldaten mit dem Bajonette niedergestochen und die Leiche liegen gelassen. Noch seien die Felder mit Leichen von hingemordeten alten und jungen Männern und Frauen sowie Kindern bedeckt. Als die serbischen Truppen in Monastir einzogen, wurden alle in den Spitälern liegenden türkischen Verwundeten getötet, um Platz für die serbischen Verwundeten zu schaffen. Die Soldaten haben gestohlen, was ihnen in die Hände fiel. Auch fremde Banken wurden beraubt. Ein bulgarischer Professor, der sich infolge eines auf den König Ferdinand ausgebrachten Toastes bei den serbischen Offizieren mißliebig machte, ist seit dem Festabend, an dem er den Toast ausbrachte, spurlos verschwunden. Dr. Leonte gibt auch sonst Darstellungen über Grausamkeiten, die jenen von Kumanovo, Prizrend usw. gleichwertig sind.

 

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Der bekannte Kriegsberichterstatter Hermenegild Wagner berichtet aus Semlin vom 20. November 1912:

Während meines dreitägigen Aufenthaltes in Nisch konnte ich erschütternde Einzelheiten über die von serbischen Truppen begangenen Unmenschlichkeiten feststellen. Ich konstatiere, daß ich für alle Einzelheiten hochachtbare Zeugen habe.

In die Nischer Festung war eine fünfzigjährige Albanesin gebracht worden, die unter dem Verdachte stand, in Ferisovic Bomben gegen die einmarschierenden Serben geschleudert zu haben. Anstatt daß man die Beschuldigte vor ein Militärgericht gestellt hätte, übergab man das unglückliche Weib den serbischen Soldaten, die der Frau mit Kolbenschlägen den Schädel buchstäblich zertrümmerten.

Ein türkischer Mulassim, namens Abdul Kadri Bei, den man gefangen hatte, wurde in der Nischer Festung zu Tode geprügelt. Der Leichnam wies einen Bruch des Nasenbeines und eine Zerreißung der Leber auf. Man hatte das Opfer nämlich mit den Füßen zu Tode getreten.

Ein Albanese, der hier einen Fluchtversuch machte, wurde durch Bajonettstiche getötet und als man seinen Leichnam in die Totenkammer brachte, dort noch von Soldaten entsetzlich zugerichtet.

Im Spital von Nisch betrat eine Anzahl von Serben einen Raum, in dem verwundete Türken lagen. Ein Serbe rief scherzweise, auf einen schwerverwundeten Türken weisend: "Der ist es, der mich verwundet hat!" Darauf fiel die Schar Serben über den wehrlosen Verwundeten her und mißhandelte ihn mit Tritten, daß er noch unter ihren Füßen das Leben aushauchte.

Ein Arzt des "Roten Kreuzes" erzählte mir schaudernd, die Gefangenen und Verwundeten, die man in Nisch und Belgrad sehe, seien nur Paradegefangene. "Die Serben", sagte er, "geben keinen Pardon. Alle Albanesen, gleichgiltig mit oder ohne Waffen, wurden, wo man ihrer habhaft werden konnte, erbarmungslos hingeschlachtet. Weiber, Kinder, Greise ... es haben sich da unten (in Altserbien) entsetzliche Dinge ereignet. Ich weiß nicht, wie viele Dörfer von den serbischen Truppen niedergebrannt wurden. Ich habe sie täglich weithin brennen sehen ... Bei Kratovo ließ General Stefanovic Hunderte gefangene Albanesen in zwei Gliedern antreten und sie mit Maschinengewehren niederknallen. Dazu erklärte der General:

"Die Brut muß ausgerottet werden, damit Österreich seine albanesischen Lieblinge nicht mehr findet."

General Zivkovic ließ bei Sjenica 950 albanesische und türkische Notabeln niedermetzeln, nachdem zehntausend Albanesen dem Vorrücken der serbischen Truppen großen Schwierigkeiten bereitet hatten.

Von der Schlacht von Kumanovo wurden nur sehr wenig Verwundete von den Serben aufgelesen. Die Erklärung gab König Peter selbst, als er das Lazarett in Nisch besuchte. Als ein verwundeter Serbe ihm klagte, daß die Albanesen mit erbeuteten serbischen Gewehren auf Serben schossen und auch ihn verwundeten, sagte König Peter wörtlich:

"Das werden die Schweine schwer büßen!"

Serbische Augenzeugen, welche die Schlacht mitmachten, erzählten mir lachenden Mundes, wie nach dem Kampfe Tote und Verwundete, Türken und Albanesen ohne Unterschied, in große Gräber geworfen wurden. Als es dann heftig regnete, sei der Anblick des Schlachtfeldes allerdings nicht freundlich gewesen. Die seichten Massengräber der Türken waren eingesunken, Hände, Füße und Köpfe schrecklich verzerrter Leichname ragten aus der Erde heraus ...

 

Verwüstete Dörfer

In Üsküb erzählte ein zurückgekehrter serbischer Offizier mit der ersten Miene von Gerechtigkeit über die Niederbrennung von 80 Dörfern im Lumagebiete.

Das Deutsche Volksblatt veröffentlichte am 14. Februar einen Bericht aus Südungarn, in dem es heißt:

"Die serbische Regierung sollte sich auch endlich darüber klar sein, daß solche Dementis dazu beitragen, die Wahrheitsliebe Serbiens nur noch weniger glaubhaft erschienen zu lassen. Proben von dem Ernste solcher Kundgebungen hat man zur Zeit des Königsmordes durchkosten können. Hat doch damals die Regierung in hochoffizieller Form überhaupt geleugnet, daß König Alexander und Königin Draga von den meineidigen Offizieren ermordet worden sind, sondern daß sie sich gestritten und gegenseitig umgebracht hätten ..."

Bezüglich der albanesischen Greuel ist es eine traurige Wahrheit, daß die Schilderungen, die bisher in die Öffentlichkeit drangen, vollkommen den Tatsachen entsprechen und nur den einen Fehler haben, nicht erschöpfend genug zu sein. Zahlreiche Serben selbst bestätigen dies, oft mit großem Stolze. Ich will nur die Aussagen eines Teilnehmers an dem ersten Abschnitte des Krieges wiedergeben, der gegenwärtig in Südungarn sein Gewerbe ausübt, weil er es vorzieht. obwohl Serbe aus dem Königreiche, in der österreichischen "Unterdrückung" zu leben und der "kulturellen und religiösen Milde" seines Vaterlandes so weit als möglich aus dem Wege zu gehen. Mit sichtlichem Wohlgefallen erzählt dieser klassische Zeuge, daß serbische Soldaten ganze Rudel albanesischer Bauern erbarmungslos niedergeknallt haben, deren einziges "Verbrechen" es gewesen sei, daß man in ihren Häusern Waffen fand. Als ich mich darüber einigermaßen erstaunt zeigte, meinte mein Gewährsmann seelenruhig: "Was sollten wir unsere Zeit damit totschlagen und diese Leute in irgend eine entfernte Garnison eskortieren? So war es viel einfacher und wir waren wieder frei und konnten beruhigt trinken gehen!" Diese praktische Ansicht scheint eben Gemeingut der serbischen Militärs zu sein, denn ein Verwundeter erzählte in einem Belgrader Spitale einem Besucher unter anderem folgendes: "Die Türken haben wir in Ruhe gelassen, aber die albanesischen Hunde (!) haben wir niedergemacht, wo es möglich war." Einen weiteren Beleg bildet der Brief eines serbischen Offiziers, den auch der "Magyarorszag", dessen Balkankorrespondent der österreichische Deserteur und gewesene königlich serbische Preßleiter Iwan Iwanovic ist, veröffentlicht hat. In dem Schreiben heißt es unter anderem, er, der Offizier, habe mit eigenen Augen gesehen, wie seine Soldaten nach der Einnahme von Monastir je zehn türkische Männer, Frauen und Kinder zusammengebunden und bei lebendigem Leibe verbrannt haben. Solche und ähnliche Tatsachen kann man hier von jedem Serben hören, der vom Kriegsschauplatze zurückgekommen ist. Diese Leute haben jedenfalls die offiziellen serbischen Dementis in der auswärtigen Presse nicht gelesen ..."

 

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Ein Albaner aus der Nähe von Scopio berichtet: "Wir sahen serbische Soldaten auf unser Dorf zukommen. Alles lief in die Häuser zurück. Ich hatte keine Furcht, wollte die Fremden sehen und ging vors Haus. Schon waren sie da. Ich gebe einem Soldaten eine kleine Münze. Da bekomme ich einen Schlag auf den Kopf und stürze zu Boden. Die Soldaten ließen mich liegen und stürmen in unser Haus. Dort erschlugen sie meine Mutter und meinen Vater. Dann zündeten sie die Häuser an und erschlugen alle Leute. Als ich mich endlich erheben konnte, stand alles in Flammen."

In Sefer, im Gebiete Gilan, legten die Serben Feuer an eine Hütte und warfen die zwei alten Inwohner - sie hatten nicht mehr flüchten können - lebend in die Glut. Einem Manne banden sie die Hände, hießen ihn gehen und schoßen ihn nieder.

Unter unterschiedlichen Angaben von Gründen wurden in diesem Monate folgende Ortschaften niedergebrannt: Limbischte, Kolisch, Terpeza und Gilektar. In den drei letztgenannten Orten wurde alles niedergemacht, auch Weiber und Kinder.

In Djakovaer Distrikte, im Dorfe Boba, wurden vier serbische Soldaten, die Frauen vergewaltigen wollten, durchgeprügelt. Das genügte. Eine Strafexpedition wurde entsandt. Boba ging in Flammen auf. Alles wurde niedergemacht. Nach getaner Arbeit stieß die Soldateska auf 70 katholischen Albanesen aus Nikoi, die im Dorfe Einkäufe besorgen wollten. Die Soldaten richteten auch unter diesen Leuten ein Blutbad an.

In Ipek raubten serbische Soldaten drei Frauen, die Montenegriner wieder raubten drei Mädchen.

Im Gebiete der Luma wurden 32 Niederlassungen niedergebrannt. Wessen immer man habhaft werden konnte, wurde getötet.

In Dibra gaben sich gleichfalls serbische Soldaten ärgsten Ausschreitungen hin. Sie raubten, was nur zum Mitnehmen war. Dann kamen neue Truppen, die 24 Dörfer in Brand steckten und alle Bewohner erschlugen. ...

In Prizrend aber wurde dem katholischen Priester verboten, Sterbenden die letzte Wegzehrung zu geben. Wer mit dem Pfarrer in Berührung tritt, kommt vor das Militärgericht.

 

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Aus Durazzo, 8. März, wurde berichtet: Die serbischen Truppen haben folgende Dörfer niedergebrannt:

Ses, Larusk, Mnikle, Scej und Gromni. In Ses wurden in die Häuser zwanzig Frauen und Mädchen und mehrere Kinder eingeschlossen und mitverbrannt.

Die Dorfbewohner der Umgebung von Croja-Kurbino sind in die Berge geflüchtet und haben Hab und Gut zurückgelassen, um das Leben retten zu können.

 

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Die Albanische Korrespondenz meldet am 12. März aus Triest:

Briefe aus Tirana melden, daß die serbischen Truppen in der Umgebung von Tirana neuerdings Greueltaten verübten. Die Einwohner von Kaza Tirana hatten eine Abteilung albanischer Freiwilliger beherbergt und sie mit Proviant versehen. Als diese Tatsache zur Kenntnis des serbischen Militärkommandanten gelangte, ließ dieser das Dorf von Truppenabteilungen zernieren. Hierauf wurden sämtliche Häuser der Ortschaft sowie des Gutes von Fuad Toptani Bei eingeäschert. 17 Männer kamen in den Flammen um, zehn Männer und zwei Frauen wurden hingerichtet.

 

Die Serben ermorden auch Christen

Die Reichspost veröffentlichte am 20. März eine Brief aus Albanien, in dem berichtet wird:

 

"Dem Pfarrer des Heiligtumes von Cernagora oder Setnica, Don Tommaso, haben die serbischen Soldaten alles Geld geraubt, das der Kirche gehörte, indem sie ihn mit gezücktem Bajonette zwangen, die Kasse zu öffnen, und daraus die Gelder entnahmen, die den Schatz des Wallfahrtsortes bilden.

Dem Pfarrer von Djakova drohte man mit dem Tode und rief ihm zu: "Entweder entsage dem österreichischen Protektorate oder wir brennen dir das Gehirn durch!" Doch machte der Pfarrer durch sein mutiges Auftreten ihre Drohungen zunichte.

Dem Pfarrer von Ferizovic versagen die Serben seit drei Monaten jede Freiheit in der Ausübung seines Amtes und lassen jeden einkerkern, der mit ihm redet oder zur Messe und Beicht zu ihm geht. Das gleiche versuchten sie mit den zwei Priestern von Prizrend.

Gegen die Katholiken von Janjewo (400 Familien, fast alle slawischer Nationalität) setzt man alle Hebel in Bewegung, um sie zum Übertritt zur schismatischen Kirche zu bringen.

Seit mehreren Jahrhunderten leben hier in dieser Erzdiözese etwa 8000 Katholiken, sogenannte Laraman, das heißt Verborgene, welche wegen der Verfolgung durch die Türken bisher ihren Glauben nicht offen bekennen konnten. Als nun die Serben kamen, wollten mehrere Hundert dieser Laraman sich offen als Katholiken erklären. Als dies die Vertreter der neuen Regierung erfuhren, kam der Bescheid: "Entweder Mohammedaner oder Orthodoxe, Katholiken nicht!"

In der Nähe des Heiligtums von Letnica liegt das Dorf Shashara (90 Familien, alle katholisch). Hier zogen serbische Soldaten ein, versammelten auf den Wiesen die Männer und banden sie mit Stricken; hierauf begannen sie die Häuser auszuplündern und Frauen und Mädchen in bestialischer Weise zu vergewaltigen.

Zahlreich sind die Ermordungen von albanesischen Katholiken. In Noshez z.B. wurden an einem Tage an dreißig Männer getötet, die friedlich im Dorfe weilten und kein anderes Verbrechen begingen, als daß sie sich katholische Albanesen nannten. Bei Zhuri wurden ganze Familien von katholischen Malissoren, die zum Einkaufe vom Salz, Öl, Zucker usw. nach Prizrend gekommen waren, ohne jede Schuld meuchlings auf dem Wege getötet; ebenso bei Djakova 70 andere katholische Personen aus der Piarre von Nikai. So verfolgt man die Katholiken, den einheimischen Orthodoxen geschieht nichts.

In der Umgebung von Dibra und Monastir, wie auch in Kossowo, sind zahlreiche Dörfer neuerdings vernichtet worden. Die Räubereien lassen sich nicht beschreiben. Es genüge zu erwähnen, daß man die Schafe zu Zeiten das Stück zu zwei Franken verkaufte, weil man nicht wußte, wo man mit den von Serben und Montenegrinern den Albanesen geraubten Schafen hin sollte.

Man will uns nun auch verwehren, daß wir albanesisch reden. Bereits wurden einige Schulen geschlossen, wo albanesisch unterrichtet wurde. "

 

Der Brief schließt mit den Worten: "Möge sich Gott unser erbarmen und Europa uns zu Hilfe kommen, oder wir gehen zugrunde!"

 

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In ihrer Nummer vom 21. März berichtet die Neue Freie Presse:

"Wie uns aus informierten Kreisen mitgeteilt wird, findet, neueren Nachrichten zufolge, die Verfolgung von Katholiken und Mohammedanern ebenso wie im Bezirke von Djakova auch in Bezirke Dibra statt. Täglich geschehen zahlreiche Morde. Die Bevölkerung flüchtet massenhaft unter Zurücklassung von Hab und Gut. Die Verfolgung richtet sich nicht nur gegen Albanesen, sondern auch gegen katholische und mohammedanische Slawen."

 

Ein abgeschlachteter Priester

Die Neue Freie Presse meldet unterm 20. März:

Am 7. März vereinigte sich in und um Djakova herum die Soldateska mit fanatischen orthodoxen Geistlichen, um die Bevölkerung gewaltsam zum Übertritte vom katholischen Glauben zum orthodoxen zu zwingen.

Etwa 300 Personen, Männer, Frauen und Kinder, unter ihnen Pater Angelus Palio, wurden mit Stricken gefesselt und unter Todesdrohungen zum Übertritte aufgefordert.

Ein orthodoxer Priester zeigte auf die Soldaten, die mit ihren Gewehren bereitstanden, und sagte:

"Entweder ihr unterschreibt, daß ihr hiermit zu unserem einzig wahren Glauben übergetreten seid oder diese militärischen Gottesstreiter werden eure Seelen in die Hölle befördern."

Daraufhin unterzeichneten die Gefangenen den Bogen, auf dem die Übertrittserklärung zur orthodoxen Religion vorgeschrieben war.

Als letzter kam Pater Angelus an die Reihe. Und er war der einzige, der die Stärke besaß, sich ruhig und würdevoll zu weigern, seinen Glauben zu verlassen.

Als Pater Angelus auf dreimalige Aufforderung und trotz des Flehens der zwangsweise übergetretenen Katholiken bei seiner Weigerung beharrte, spielte sich eine entsetzliche Szene ab, die man im zwanzigsten Jahrhundert in Europa nie und nimmer für möglich gehalten hätte.

Auf einen Wink der orthodoxen Priester fielen die Soldaten über den Franziskaner her, rissen ihm das geistliche Gewand vom Körper und begannen mit den Gewehrkolben auf ihn einzuschlagen.

Pater Angelus stürzte mit mehreren Knochen- und Rippenbrüchen zu Boden, die orthodoxen Geistlichen geboten den Soldaten Einhalt und fragten den Schwerverletzten, ob er nun übertreten wolle.

Und abermals schüttelte er das Haupt und sagte ruhig: "Nein, ich verlasse meinen Glauben nicht, und breche nicht mein Gelübde."

Pater Angelus erhielt nun wieder zahllose Kolbenschläge, bis schließlich ein Soldat ihm mit einem Bajonettstich die Lunge durchbohrte und so dem Leben des Unglücklichen ein Ende bereitete.

 

Ein serbischer Blutsbefehl

An die Ortsvorstände des Kreises Kroja in Westalbanien ist ein Erlaß herausgegeben worden, in dem es u. a. heißt:

"Wenn in Hinkunft irgend ein Anfall sich ereignet oder die Tötung selbst nur eines serbischen Soldaten in der Stadt, in einer Ortschaft oder in deren Nähe (!) sich ereignet, wird der Ort niedergebrannt und zerstört und sämtliche Männer von 15 Jahren aufwärts verfallen dem Bajonette."

Dieser Befehl ist unterschrieben: Kroja, am 5. Jänner 1913. Der Kommandant: A. Petrovic, Hauptmann I. Klasse.

Kroja ist als Geburtsort des Nationalhelden Skanderbeg, dessen Burg noch heute in dieser Stadt steht, für die Albaner ein geheiligter Ort!

 

Serbische Stimmen

Das Deutsche Volksblatt vom 8. Februar schreibt:

"Der serbische Minister für Kultus und Unterricht Ljuba Jovanovic veröffentlicht in einem slawischen Blatte eine Erklärung, in welcher er unter anderem betont: Die Mohammedaner werden bezüglich ihrer staatsbürgerlichen Rechte selbstverständlich allen anderen gleichgestellt sein. Was ihre religiösen Angelegenheiten betrifft, so wird das Vakuf-(Kirchen-)Vermögen in ihrer Verwaltung bleiben und ihre Klöster so geachtet werden, wie die christlichen. Die Muselmanen haben sich, ausgenommen die regulären Truppen, der serbischen Okkupation nicht widersetzt und ist ihnen infolgedessen seitens der serbischen Truppen kein Leid zugefügt worden. Die Albanesen aber haben sich der serbischen Okkupation widersetzt und oft sogar auf Soldaten geschossen, nachdem sie sich bereits ergeben hatten, und dies nicht nur im Freien, sondern auch aus den Häusern der besetzten Orte. Daher ist es zu dem gekommen, was überall und stets geschieht, wo Nichtkombattanten mit einer siegreichen Armee in Konflikt geraten. (Das heißt, zur Niedermetzlung der Albanesen.)

 

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Das Belgrader Blatt Piemont, das als Sprachrohr radikaler Militärkreise gilt, befaßt sich in seiner Nummer vom 20. März mit der Frage von Skutari und erklärt, Skutari müsse an Montenegro fallen. "Sollte dies aber nicht möglich sein," sagt das Blatt, "dann muß Skutari dem Erdboden gleich gemacht werden."

 

Serbische Offiziere rühmen sich ihrer Schandtaten

Der Albanischen Korrespondenz wird aus Durazzo berichtet: Ungeheuer sind die Greueltaten, welche die Serben in Albanien verübt haben. Serbische Offiziere rühmen sich ihrer ganz offen. Insbesondere in Kossowo haben die serbischen Truppen entsetzlich gehaust. Ein serbischer Offizier erzählte hier: Die Weiber hatten ihren Schmuck meist versteckt und wollten nichts davon hergeben. Wir haben in solchen Fällen eine Person aus dem Hause erschossen und sofort war der ganze Schmuck da. Besonders furchtbar haben die Serben im Ljumagebiete gehaust. Männer wurden lebendig verbrannt, Greise, Frauen und Kinder ermordet. In Kroja, dem Geburtsorte Skanderbegs, wurde eine Anzahl von Männern und Frauen einfach füsiliert, eine Menge Häuser niedergebrannt. Der serbische Kommandant, Hauptmann Petrovic, publizierte einen Ukas, in dem er diese Schandtaten ganz offiziell ankündigte. In Tirana wurden mehrere Albaner zu Prügelstrafen verurteilt. Serbische Soldaten hieben so lange auf die Unglücklichen los, bis diese tot waren. In Kawaja und Elbassan wurden ebenfalls Leute von den Soldaten offiziell totgeprügelt. Ein bekannter, anständiger, wohlhabender Mann, der Sohn eines türkischen Obersten, wurde in Durazzo erschossen. Nachher publizierte der serbische Kommandant durch Maueranschlag ein Urteil, das den Erschossenen des Diebstahls bezichtigt und ihn zum Tode verurteilt. Die Serben zerstören katholische Kirchen; sie sagen, das seien österreichische Bauten, die man vom Erdboden wegfegen müsse. Serbische Soldaten und Offiziere belästigen bei Tag und bei Nacht die Bevölkerung.

Unlängst wurde ein serbischer Soldat ermordet aufgefunden. Sofort ließ der serbische Kommandant fünf an dem Morde unschuldige Albaner gefangen nehmen und erschießen.

 

Ein Blutbad vor Skutari

Der Albanischen Korrespondenz wird aus Podgoritza berichtet: Nach der Schlacht von Brdica, die für die Serben mit einer so verlustreichen Niederlage geendet hat, warfen sich die serbischen Truppen auf ihrem Rückzuge in das Dorf Barbalushi. Die erschreckten Bewohner gingen den Serben mit Kruzifixen in den Händen entgegen und flehten um Gnade. Aber das half nichts. Die verwildeten Truppen warfen sich auf die wehrlosen Dorfbewohner und stachen viele Männer, Frauen, Greise und Kinder nieder. Bei einem achtjährigen Kinde, das die Unmenschen zerfleischt hatten, wurden nicht weniger als sechs Bajonettstiche konstatiert.

 

Die serbischen Dementis

Die serbische Regierung hat in der letzten Zeit auf die meisten Berichte über serbische Greueltaten mit Dementis geantwortet. Diese offiziellen Ableugnungen erfolgten zwar in jedem Fall sehr prompt: aber sie trugen allzuoffen den Stempel der Unstichhältigkeit. Denn mit der bloßen Behauptung, daß die vorgebrachten Beschuldigungen unwahr seien, können detaillierte Anklagen so schwerer Art nicht aus der Welt geschafft werden.

Die vorliegende, noch lange nicht erschöpfende Auslese von Berichten aus verschiedenerlei, nicht nur österreichischen, sondern auch italienischen, deutschen, dänischen, französischen und russischen Quellen werden vor dem Gerichte der Weltgeschichte wohl schwerer ins Gewicht fallen, als alle Dementis des königlich serbischen Preßbureaus.

 

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In einem Dementi vom 8. Februar erklärt das serbische Preßbureau, daß "solche Greueltaten, wie sie angeblich von der serbischen Armee ausgeführt worden sein sollen, heutzutage in einem Volke, das von Grund aus religiös und tolerant ist, einfach unmöglich sind." Darauf muß erwidert werden: Einer Armee, deren Offiziere ihren König und ihre Königin nächtlich überfallen, ermordet, ihre Leichname mit achtundfünfzig Säbelhieben zerfetzt und zum Fenster hinausgeworfen haben, können sehr wohl derartige Greueltaten zugemutet werden, umsomehr, als das Haupt der Urheber jenes Blutbades im Konak zu Belgrad, Oberst Popovic, einer der Führer des serbischen Einfalles in Albanien war und gegenwärtig Kommandant der serbischen Besatzung von Durazzo ist.

 

 

[Leo Freundlich: Albaniens Golgatha - Anklageakten gegen die Vernichter des Albanervolkes. Gesammelt und herausgegeben von Leo Freundlich (Wien: Josef Roller, 1913) 32 S.]

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